Author

wp_admin

Browsing

Traumplätze besuchen

Samstag, 19. Juli 2025

Ich glaube es ist das erste Wochenende mit Traumwetter (um die 25 Grad) und ohne technische Probleme. Ich freue mich so darauf. Meine Entscheidung war ja nun die, die Höga Kusten etwas zu erkunden und hier die Zeit zu verbringen bevor ich wieder Richtung Süden muss. Ich studiere den Hamnguiden („den“ Revierführer für Schweden). Einige Schweden hatten mir Häggvik empfohlen und auch der Hamnguiden schwärmt von diesem Ort. Dementsprechend gut besucht soll er sein. Ich riskiere es. Falls alles belegt sein sollte, habe ich ein Ausweichziel nicht weit entfernt. Ich muss wieder raus auf die Ostsee und habe auf dem Weg teilweise keine Abdeckung durch Inseln. Deshalb studiere ich diesmal lieber etwas ausführlicher die Wettervorhersagen. Der Deutsche Wetterdienst kündigt NO an. Welle 0,5 Meter. Windy kündigt SO an, etwa 10 Knoten. Das Wettermodell von Orca geht wohl auch von SO aus. Zuerst geht es den Fluss Ångermanälven wieder hinunter. Das ist Richtung SO. Ich habe hier eigentlich schon mit Gegenwind gerechnet und so war es dann auch. Aber heute merke ich die leichte Strömung. Über Grund mache ich 0,5 Knoten mehr Fahrt als durchs Wasser.

Wieder unter der Höga-Kusten-Brücke hindurch geht es wieder auf die Ostsee

Laut Orca sollte ich nach der Höga-Kusten-Brücke segeln können. Geht aber nicht. Denn mein Kurs ist weiter Richtung SO und aus der Richtung kommt der Wind. Erst als es dann bei Hamnholmen ums Eck geht und der neue Kurs NO ist, kann ich segeln. Das dafür aber sehr schön bei immer noch knapp 10 Knoten Wind.

Unterwegs ständig wechselnde Felsformen. Weich geschwungen, hart und kantig, Geröllfelder

Nur einmal, als zwischen der Insel Storön und dem Festland bin, komme ich in die Abdeckung und bin am verhungern. Null Knoten Fahrt. Hinter mir war ein Trimaran aufgerückt. Ich glaube, wäre ich alleine gewesen, hätte ich den Motor angeworfen. So entsteht ein kleiner Wettbewerb darum, wer bei 0 bis 3 Knoten Wind aus wechselnden Richtungen als erstes aus dem Windloch kommt. Am Ende habe ich die glücklichere Nase und komme schneller aus dem Windloch. Doch bald kommt auch er aus dem Windloch und zieht mühelos an mir vorbei.

Der Wind kommt inzwischen fast aus südlicher Richtung und hatte inzwischen etwas geschwächelt. Doch bei der Insel Germündson verengt sich das Fahrwasser und ich vermutete einen Düseneffekt der dann auch eintrat. Von nur noch 7 Knoten zog der Wind auf bis zu 13 Knoten an und es ging wieder mit 6 Knoten Fahrt voran.

Der Streifen im Wald dürfte eine Skipiste sein

Kurz vor Häggvik wurden die Segel geborgen und unter Motor ging es in die enge Einfahrt. Die Landschaft ist ein Traum. Und die Bucht ist ein Träumchen. Es könnte kaum schöner sein. Eine ganz andere Landschaft als ich sie im Süden gesehen hatte. Es mutet ein klein wenig an wie die Schweiz. Die Ufer gehen relativ steil nach oben. Es sind Wiesen zu sehen auf denen die Heuballen liegen. Es sind auch einmal nicht nur Fichten sondern auch Laubbäume zu sehen. Eine richtige Postkartenlandschaft. Es sind noch ein paar Bojen frei und so kann ich entspannt festmachen.

Enge Einfahrt in die Bucht
Festgemacht in Häggvik
Blick vom Boot

Weiter Richtung Norden

Sonntag, 20. Juli 2025

Ich kann noch einige Seemeilen Richtung Norden gehen, bevor ich den Rückweg antrete. Ich möchte ja auch das Revier der Höga Kusten reichlich mitnehmen, wenn ich schon hier bin. Und hier gibt es so viele Inseln und Buchten zu entdecken. Trysunda soll laut Hamnguiden die schönste Insel Schwedens sein. Von Häggvik sollen das gut 20 zu segelnde Seemeilen sein. Bei einigermaßen brauchbarem Wind als 5 bis 6 Stunden. Also kann ich es am Morgen gemütlich angehen.

Rückblick auf Häggvik

Aus der Bucht bei Häggvik heraus habe ich jetzt Gegenwind. Das habe ich nicht anders erwartet. Also geht es zuerst unter Motor los. Um wieder Richtung Norden weiter zu können, muss ich erst einmal etwa 5 sm Richtung Süden bzw. Südost. Dann ist der neue Kurs Nordost. Windy und Orca gehen von Ost bzw. Nordost Wind aus. Also sollte segeln hoch am Wind möglich sein. Als ich den neuen Kurs anlege kommt der Wind noch zu sehr von vorne. Nicht segelbar. Also läuft der Motor erst einmal weiter. Erst nach etwa einer Stunde kommt es mehr östlich und erlaubt es die Segel zu setzen. Besonders stark ist der Wind nicht. Etwa 5 bis 6 Knoten. Und dabei bin ich nicht einmal hinter den Inseln. Noch geht es einigermaßen mit etwa 3,5 Knoten Fahrt. Aber auf der Route werde ich auch hinter vorgelagerten Inseln sein. Wenn draußen schon so wenig ist, dann ist da zwischen den Inseln Null Wind zu erwarten. Und so kam es dann auch. Also Motor wieder an. Insgesamt lies der Wind im Laufe des Tages mehr und mehr nach. Das einzige, was es reichlich hatte, war Sonne. Ich hatte gerade ein Drittel der Strecke geschafft. Nur unter Motor würde ich noch 4 bis 5 Stunden brauchen. Dazu hatte ich keine Lust. Also lies ich Johann (meinen Pinnenpilot) steuern während der Motor lief und suchte im Hamnguiden nach Alternativen die möglichst auf dem Weg liegen. Mjältön – dort soll es eine Bucht mit ein paar Stegen geben. Anlegen mit Heckanker. Kein Strom, Trockentoilette, Grillstelle. Das hört sich gut an. Nur Heckanker – das hatte ich noch nie gemacht. Ich hatte mich vorbereitet, habe einen M-Anker dabei, den ich am Heck befestigt habe. In meiner Rumpelkammer (der Achterkajüte) liegt eine Bleiankerleine die dafür gedacht ist. Alles ist irgendwann das erste Mal. Ich musste hier zum ersten Mal an Heckbojen anlegen, was inzwischen fast zur Routine geworden ist. Das erste Mal „richtig“ ankern (das Ankern am Bodensee ist Kinderspiel). Also sollte heute zum ersten Mal das Manöver Heckanker kommen.

Kein Wind und das auf der offenen Ostsee

Neues Ziel Mjältön

Ich hoffe nur, dass ich in der Bucht noch einen Platz finde. Andernfalls müsste ich ein Stück zurück oder Umwege fahren die ich gerne vermeiden möchte. Auch diese Bucht hat eine sehr schmale Einfahrt mit geringem Tiefgang. An Steuerbord sollen einige Steine im Wasser liegen. Aber es hat ja keinen Wind, so kann ich langsam in die Bucht hinein fahren. Es gibt Stege auf der nördlichen Seite der Bucht und vor der Sauna am Ende der Bucht. Die Plätze auf der nördlichen Seite sind gut belegt. Am Steg vor der Sauna liegen ein Motorboot und ein Segelboot. Dazwischen Platz für zwei Boote. Also steuere ich diesen Platz an. Den Heckanker hatte ich schon unterwegs vorbereitet.

Erster Anlauf. Der Eigner des Segelboots steht schon am Steg, um mich aufzufangen. Etwa 15 Meter vor dem Steg lasse ich den Heckanker fallen, gebe die Leine nach, steuere und versuche die Geschwindigkeit Richtung Steg zu regulieren. Der Schwede hat meinen Bug und ich gehe nach vorne. Dabei sehe ich, dass meine Ankerleine über seiner liegt. Schlecht. Ich bedanke mich für die Hilfe und sage ihm auch gleich, dass dies für mich das erste Mal mit Heckanker war bzw. ist. Er meint, mein Anker wird so wahrscheinlich nicht halten und fragt, wann ich am nächsten Tag gehen möchte. Da ich ja am kommenden Tag am Vormittag arbeiten muss, erst gegen Nachmittag. Er möchte am Morgen gehen. Auch wieder schlecht wenn meine Ankerleine über seiner liegt. Er schlägt vor, das Manöver noch einmal zu fahren und darauf zu achten, dass meinen Anker so fallen zu lassen, dass die Leinen nebeneinander sind. Er gibt mir auch den Tipp, erst einmal den Anker auf den Boden fallen zu lassen und dann Richtung Steg zu fahren. Also lege ich den Rückwärtsgang ein, ziehe die Ankerleine wieder hoch und schaue das ich genügend seitlichen Abstand zu seinem Boot bzw. seinem Anker habe.

Festgemacht – das erste Mal mit Heckanker

Womit ich mich schwer tue, ist den Abstand einzuschätzen. Ich habe auf dem Weg noch einmal die Bleiankerleine versucht mit Armlängen zu messen. Es müssten etwa 25 Meter sein. Der Anker sollte etwa 20 Meter vor dem Steg fallen. Mein Boot ist 8,5 Meter lang. Sein Boot etwa 10 Meter. Anhand dessen versuche ich einzuschätzen, wann der Anker fallen muss. Der Anker fällt und ich steuere wieder auf den Steg zu. Der freundliche Schwede fängt wieder meinen Bug auf und diesmal gibt mir auch die Ankerleine das Gefühl, dass sich der Anker eingegraben hat. Geschafft!

Jetzt kann ich auch die herrliche Kulisse hier genießen. Wieder ein Traumplatz. An der Grillstelle mache ich zusammen mit dem anderen Schweden ein Feuer. Während das Feuer langsam wird, bereite ich einen Tomatensalat mit Feta und Oliven vor. Dann wandert das marinierte Schnitzel auf den Grill. Könnte es schöner sein?

Vorbereitungen für das Abendessen laufen

Kein Segeltag

Montag, 21. Juli 2025

Bisher bin ich oft von Hafen zu Hafen gesegelt und habe, wenn dann eher aufgrund äußerer Umstände mehr als einen Tag an einem Ort verbracht. Da ich keine Eile mehr habe, möchte ich einen Tag länger hier auf Mjältön verbleiben. Mjältön ist Schwedens höchste Insel. Der höchste Punkt des Berges Bastuto liegt 236 Meter über dem Meeresspiegel. Es gibt einen Rundweg der einen Abstecher zum höchsten Punkt macht und dann gibt es noch einen Abstecher zu einer besonderen Höhle. Doch nach der Arbeit kühle ich mich erst einmal in der Ostsee ab. Hier in der Bucht beträgt die Wassertemperatur mittlerweile 24 Grad. Draußen sind es etwa 21,5 Grad.

Der Rundweg führt zuerst durch Fichtenwälder um dann auf die andere Seite der Insel zu kommen. Der Blick auf die See zeigt keinen Wind. Gute Entscheidung, heute hier zu bleiben. Es geht etwas auf und ab. Dann ein Geröllfeld, Steine groß wie Bowlingkugeln. Richtung dem höchsten Punkt lichtet sich der Wald mehr und mehr was hauptsächlich an den Felsen und der fehlenden Erde liegt. Am höchsten Punkt hat man eine herrliche Aussicht über die Schären. Es ist Tradition, dass jeder der mit dem Boot hierher kommt, einen Stein mitbringt. So ist der Steinhaufen inzwischen über 1,50 Meter hoch.

Beim Abstieg gibt es noch einen Abstecher bei dem noch einmal etwas bergauf gelaufen werden muss. Der Weg ist mit blauen Punkten markiert und führt zu einer besonderen Höhle. Es handelt sich um einen Felsriss dessen Ränder durch die Wellen geformt wurden. Doch wie geht das? Schließlich liegt die Höhle 100 Meter über dem Meeresspiegel. Mit Beginn des postglazialen Zeitalters und dem Rückzug der Gletscher atmete die Landmasse förmlich auf und stieg nach oben. Auch heute hebt sich die skandinavische Landmasse um etwa 0,8 cm im Jahr. Daher gibt es auch zahlreiche aufgegebene Fischerdörfer die vor 200 oder 300 Jahren noch einem Zugang zum Meer hatten den es aber aufgrund der Landhebung nicht mehr gibt.

Jetzt aber – Trysunda

Dienstag, 22. Juli 2025

Es ist richtig warm geworden – 28 Grad sollen es heute werden. Ich sollte einen Am Wind Kurs haben, das könnte für etwas Abkühlung sorgen. Doch die ersten 2 sm gehen zuerst unter Motor. Dann passen Windrichtung und Stärke einigermaßen. Es ist nicht viel Wind – etwa 6 Knoten. Aber das reicht, um mit etwa 4 Knoten voran zu kommen. Von der Bucht sind es nur knapp 10 sm nach Trysunda und ich sollte dann am späten Nachmittag ankommen. Es geht wieder zwischen einigen Inseln hindurch und jede ist anders. Jetzt fällt das rötliche Gestein auf. Schon von weitem fällt die Trysunda vorgelagerte Insel Skrubban mit ihren steilen Felswänden auf. Von hinten sehe ich einen Finnen mit seinem Segelboot regelrecht anrauschen. Er hat AIS – so kann ich sehen mit welcher Geschwindigkeit er unterwegs ist. Gut 6 Knoten. Ach, diese Wettrennen kurz vor dem Hafen kenne ich vom Bodensee und ich kann darüber nur milde lächeln. Mir tun solche Menschen leid.

Rückblick auf die Bucht von Mjältön
Da rauscht der Finne an mir vorbei – ohne zu grüßen

Doch vor uns beiden kommt noch ein Personenschiff mit 20 Knoten in die Bucht gerauscht und sorgt erst einmal für ordentlich Welle. Ich sehe den Finnen vor mir die Liegeplätze abfahren. Es scheint keine Boje frei zu sein. Ich fahre auch langsam auf die Liegeplätze zu und sehe gerade wie vor mir ein schwedisches Segelboot losmacht. Also warte ich. Für den Finnen wäre der Platz sowieso viel zu eng. Selbst ich brauche die Unterstützung der daneben liegenden Boote die ich aber bekomme und die mir signalisieren, dass ich in die Lücke hinein fahren soll. Viel breiter dürfte ich nicht sein. Aber wie heißt es so schön: „Platz ist in der kleinsten Hütte“.

Ganz schön eng hier…

Mein erster Eindruck – nett. Ja, ist ganz schön so mit den alten Fischerhäusern die heute wohl allesamt Ferienhäuser sind. Aber auf dem ersten Blick ist Trysunda in meinem Ranking im oberen Mittelfeld. Es ist vor allem sehr voll und dementsprechend auch etwas laut hier. Viele Familien mit ihren Kindern.

Mal sehen – vielleicht bleibe ich hier einen Tag, um die Insel etwas zu entdecken.

Ein Tag in Trysunda

Mittwoch, 23. Juli 2025

Ich habe mich entschlossen, noch einen Tag in Trysunda zu bleiben. Erstens gewinne ich nichts, wenn ich jetzt gleich weiter nach Örnsköldvik gehe und zweitens möchte ich noch etwas vom Ort bzw. der Insel sehen. Es gibt eine kleine Kapelle aus dem 17. Jahrhundert und es soll einen besonders schönen Kiesstrand geben. Aber zu erst einmal arbeiten was bei der Hitze keinen Spaß macht. Für die Gegend gibt es eine Hitzewarnung – mehr als 30 Grad.

Am späten Nachmittag ziehe ich dann los. Die Kapelle ist leider verschlossen. Von dem kleinen „Berg“, der 85 Meter hoch ist, hat man einen schönen Blick auf die Bucht. Dann geht es weiter durch einen Wald zum besagten Strand Storviken der wirklich sehr schön ist. Es hat rund geschliffene Kiesel aus Nordingrå-Granit, dunklem Diabas und grauem Sandstein. Und daneben hat es sanft geschwungene Felsen aus Diabas, ein Überbleibsel der vulkanischen Aktivitäten.

Planung für den Rückweg

Morgen geht es nach Örnsköldvik, einer etwas größeren Stadt. Dort möchte ich noch einmal die Vorräte auffüllen, bevor es zurück Richtung Süden geht. Außerdem sollte ich einmal tanken – traue gerade meiner Tankanzeige nicht (zeigt seit längerem halb voll). Die Wetteraussichten sind schwierig. Windy sagt für Freitag relativ starken Wind aus Südwest an – in Böen bis 25 Knoten. Ich kann es noch nicht einschätzen, was sich da für eine Welle aufbaut. Ab Samstag/Sonntag soll das Wetter schlechter werden. Regen und Temperaturen um 25 Grad und das gleich für mehrere Tage. Da muss ich mal sehen was ich daraus mache.

Auf jeden Fall brauche ich für Freitag und Samstag Liegeplätze die gegen südliche Winde geschützt sind. In der Nacht von Samstag auf Sonntag soll der Wind um 180 Grad drehen. Das macht die Auswahl besonders schwierig.

Umkehrpunkt Örnsköldvik

Was zieht einen nach Örnsköldvik? Zugegeben, touristisch betrachtet gibt es keinen Grund, Örnsköldvik anzusteuern. Doch bevor ich den Kurs Richtung Süden einschlage, muss ich noch einmal einkaufen, tanken und Wäsche waschen. Das ist der Nachteil der kleinen Inseln. Sie sind zwar alle sehr schön, doch man muss da schon recht autark unterwegs sein. Es sind nur 12 sm von Trysunda nach Örnsköldvik.

Der Wind bläst bereits, wie auch für die nächsten Tage vorhergesagt, aus Südwest. Für mich heute natürlich ideal. Raumschots rausche ich zwischen den Inseln mit 4 bis 6 Knoten. Und das nur mit dem Großsegel. Eine Zeitlang habe ich noch Begleitung von der Küstenwache, die sich aber dann doch nicht für mich interessiert.

Rückblick nach Trysunda
Vorbei an felsigen Inseln
An der Kulisse unschwer zu erkennen – Örnsköldvik ist eine Industriestadt

In Örnsköldvik mache ich zuerst im ersten Hafen fest, den ich wegen tanken auf der Liste hatte. Doch nach dem ersten Einkauf realisiere ich, dass dieser keine Ausstattung hat und auch recht weit weg ist von der Stadt.

Also verlege ich das Boot zum Gasthamn der am Ende der Bucht liegt.

Festgemacht zum zweiten
Passender Abschluss

Örnsköldvik ist auch das nördliche Ende des Gebiets Höga Kusten. Die nächste größere Stadt nördlich wäre dann Umeå. Aber ich muss mich jetzt Richtung Süden orientieren. Nach Gävle sind es von hier etwa 250 sm (gesegelt – nicht Luftlinie). Aus der Erfahrung der letzten zwei Monate benötige ich dafür 20 bis 30 Tage.

Der Start dieser Etappe hat schon einmal schlechte Voraussetzungen. Die nächsten beiden Tage soll es kräftigen Südwestwind haben. In Böen bis 6 Bft. Und dann sind einige Tage mit schlechtem Wetter vorhergesagt. Keine guten Voraussetzungen. Ich muss mir Gedanken machen, was ich daraus mache. Denn eigentlich wollte ich auf dem Rückweg, und gerade hier in den Höga Kusten, noch ein paar nette Inseln mitnehmen. Es bleibt spannend.

Ungewollter Hafentag

Freitag, 25. Juli 2025

Am Vormittag musste ich ja erst noch arbeiten. Gleichzeitig nahm im Laufe des Vormittags der Wind immer mehr zu. Gegen den frühen Nachmittag, als ich hätte ablegen können, blies der Wind mittlerweile in Böen mit 6 Bft. ziemlich direkt aus Süden. D.h. auch hier im Sund hätte ich erst einmal gegen an müssen. Dazu bauten sich im Westen Gewitterwolken auf und bald zuckten die ersten Blitze vom Himmel. Also kein Segeltag.

Am frühen Nachmittag blies es mit 6 Bft. in den Sund
Und im Westen zog dazu noch ein Gewitter durch

Die nächsten Tage werde ich wohl eher spontan entscheiden müssen, was geht und was nicht geht. Von Westen zieht ein Tiefdruckgebiet heran welches dann voraussichtlich Dienstag von einem Tief aus dem Süden abgelöst wird. Es sieht also bescheiden aus. Egal was geht, es geht jetzt auf jeden Fall wieder Richtung Süden.

Wendepunkt meiner Reise Richtung Norden

Samstag, 12. Juli – Dienstag, 15. Juli 2025

Recherchieren, Suchen, Warten, Arbeiten

Mit einem defekten Anlasser wäre das Risiko, einfach weiter zu gehen zu hoch. Zudem muss ich mindestens 250 sm zurück nach Gävle für das Winterlager. Das sind etwa 15 Segeltage. Gerade auch wenn man in Ankerbuchten geht, ist die Einfahrt nicht so einfach. Ohne Motor, nur unter Segel wäre das sehr gewagt. Dazu kommt, dass ich ja alleine unterwegs bin. Ankern (ohne Ankerwinsch), Boje einfangen nur unter Segel – für mich kaum denkbar.

Zudem benötige ich Ersatz für die abgerissene Schraube an der Lichtmaschine. Ich hatte gleich Google mit den Stichwörtern „Volvo Penta Härnösand“ bemüht und einen Händler gefunden, der Samstag offen hatte. Also bin ich dorthin und habe mein Anliegen geschildert. Doch er macht nur Außenborder und hat mir eine Telefonnummer und einen Namen gegeben.

Zurück auf dem Boot recherchiere ich. Das ist eine Art Kette – wohl Volvo Penta Vertragshändler. Der nächste wäre aber in Sundsvall. Das sind fast 50 km von hier. Das macht keinen Sinn. Also recherchiere ich weiter. Es gibt hier in der Nähe des Hafens zwei Marine-Werkstätten. Dort möchte ich am Montag mein Glück versuchen.

Den Sonntagabend habe ich dann noch genützt, endlich die Leine für das zweite Reff zu tauschen. Die war vollkommen hinüber weshalb ich kaum ausreffen und auch das zweite Reff nicht setzen konnte. Damit ist das Problem auch endlich gelöst.

Härnösand – ansonsten nicht unbedingt eine Reise wert

Am Montagvormittag laufe ich zu den beiden Werkstätten, die direkt nebeneinander liegen. Die erste sieht ziemlich abgewrackt aus und macht keinen vertrauensvollen Eindruck. Also gehe ich zur zweiten. Das Tor ist offen und ich spreche den ersten Mitarbeiter an. Er deutet mir an, dass er taubstumm ist und verweist mich an einen Kollegen. Doch welche Überraschung – der ist ebenfalls taubstumm. Mittels Papier und Stift tauschen wir uns aus und er sucht mit mir bei seinem Lieferanten nach dem passenden Anlasser. Kostenpunkt 180 Euro. Bestellt. Sollte in ein oder zwei Tagen da sein.

Dann gehe ich noch in die Stadt, um ein paar Einkäufe zu erledigen. Brennspiritus für meinen Kocher suche ich schon seit längerem und werde endlich fündig. Dann suche ich noch einen Friseur. Wird nach mehr als zwei Monaten mal wieder Zeit. Da dessen Englischkenntnisse recht eingeschränkt sind, muss es mit Zeichensprache gehen. Erstaunt war ich über den Preis: 400 SEK. Das sind fast 36 Euro. Zu Hause bezahle ich etwa 25 Euro (ohne waschen). Schweden ist teuer… (Anmerkung: Das war kein Nobel-Friseur, eher ein etwas abgewrackter Laden).

Pläne schmieden

Derweil nütze ich die Zeit, Pläne für die kommenden Tage zu machen. Dies hier wird mein Umkehrpunkt sein. Ich kann (vorausgesetzt das klappt jetzt so mit dem Anlasser) noch etwa 5 bis 7 Tage etwas Richtung Norden segeln. Hier, in Härnösand, beginnt die Höga Kusten (die hohe Küste). Seit dem Jahr 2000 Weltnaturerbe. Alle Segler, die mir entgegenkommen, schwärmen von dieser Gegend. Also suche ich mir Ziele, die ich als „krönenden“ Abschluss sehen möchte. Da wäre die Höga-Kusten-Brücke. Das zweithöchste Bauwerk Schwedens, 1,8 km lang, Durchfahrtshöhe 40 Meter. Trysund soll die schönste Insel Schwedens sein. Das Wetter passt. Der Sommer ist in Schweden endgültig angekommen. Es ist dauerhaft schön. Den Wind muss man nehmen wie er kommt. Nur mit Wärmegewittern muss jetzt zunehmend gerechnet werden.

Anlasser ist da – weiter geht’s

Mittwoch, 16. Juli 2025

Mittwochvormittag bekomme ich eine SMS von der Werkstatt. Der Anlasser ist da. Dazu die Frage, ob ich ihn abhole oder ob jemand kommen soll, um den Austausch gemeinsam zu machen. Da mir das passende Werkzeug fehlt (Imbusschlüssel), bitte ich darum das jemand kommt. Zusammen tauschen wir den Anlasser. Die Schrauben des Anlassers sind selten blöd beim Volvo Penta angebracht. Nach gut einer Stunde ist der Anlasser getauscht. Test – Motor springt an. Anlasser funktioniert. Scheint mir nicht ganz so kraftvoll wie der alte. Aber egal – wichtig ist das er funktioniert und der Motor anspringt.

Neuer Anlasser ist eingebaut und funktioniert

Als Tagesziel hatte ich mir eine Ankerboje südlich von Storön ausgesucht. Der Wind bläst immer noch kräftig aus Nord (Windy erzählt immer noch Mist). Nachdem die letzten Einkäufe erledigt waren, ging es dann am Nachmittag los. Zuerst raus aus dem Sund – also Richtung Süden. Da der Wind sehr böig war (im Hafen blies es zwischen 10 und 20 Knoten) setzte ich dazu erst einmal nur die Fock. Und das war auch gut so.

Ich hatte bereits geschrieben, dass Härnösand zur Hälfte auf einer Insel und zur Hälfte auf dem Festland liegt. Ich lag im südlichen Hafen Södra Sundet. Normal hätte ich jetzt den kurzen Weg durch die Stadt nehmen können. Da gibt es zwei Klappbrücken. Doch eine der beiden Klappbrücken wird in 2025/2026 durch eine Drehbrücke ersetzt. Dadurch ist die Durchfahrt nicht möglich. D.h. ich muss den Sund Richtung Süden herunter und um Härnön herum, um Richtung Norden in die Inselwelt der Höga Kusten zu kommen. Hier einmal ein Kartenausschnitt, um das zu verdeutlichen. Der Pfeil zeigt auf den Hafen. Darüber (nördlich) die Stadt.

Luftlinie habe ich dann gerade einmal 2,7 sm geschafft. Das sind etwa 5 km. Gesegelt waren es 18,8 sm

Auch wenn der Wind im Sund stark wechselt, sowohl in Richtung aus auch in Stärke, geht das mit der Fock ganz gut. Ich vermute die umliegenden Hügel sind die Ursache für diesen Wechsel.

Selten war ich so froh, von einem Ort weg zu kommen. Ciao Härnösund

Dort, wo der Sund dann breiter wird, tausche ich Fockksegel gegen Großsegel und versuche dann den Kurs zu laufen, den Orca vorgeschlagen hat. Doch wie so oft, so hoch am Wind kann ich nicht segeln. Draußen, auf der offenen See, wird es jetzt richtig ungemütlich – trotz strahlendem Sonnenschein. Es hat etwa 10 bis 15 Knoten Wind und Wellen um 1,5 Meter. Immer wieder mal eine mit 2 Meter. Das gegenan, das wird sogar für meinen Magen etwas anstrengend. 3 Stunden so zu segeln macht keinen Sinn. Denn trotz des guten Windes, auch wenn ich hoch am Wind segle, macht Miss Sophie aufgrund der Welle nur 3,5 bis 4 Knoten. Jedes Mal wenn sie in eine Welle kracht, wird sie ausgebremst. Der Nachteil des Kurzkielers.

Im Sund ist es noch angenehm

Also muss ein neuer Plan her. Ich plane, sobald als möglich, eine Wende zu machen, um wieder hinter die Inseln zu kommen. Lustholmen scheint eine gute Alternative zu sein. Ein beliebter Naturhafen mit etwa 25 Liegeplätzen. Hoffentlich bekomme ich noch einen Platz. Ansonsten fehlt mir Plan C.

Zwischen den Inseln. Keine Welle, nur Wind
Festgemacht in Lustholmen

Die erste Insel, die mir etwas Abdeckung gibt, ist Lungön. Die Welle lässt mehr und mehr nach und auch meinem Magen geht es besser. Jetzt ist es wieder schönes Segeln. Nach etwa 5 Stunden erreiche ich Lustholmen und finde noch eine freie Boje. Luftlinie bin ich gerade einmal etwa 5 km vom Ausgangspunkt entfernt. Gesegelt bin ich knapp 19 sm – also etwa 35 Kilometer. Verrückt.

„Lustiger“ Track. Einmal im Viereck gesegelt

Einfach treiben lassen

Donnerstag, 17.07.2025

Ich habe kein festes Ziel im Moment. Ich habe jetzt noch etwa eine Woche, dann sollte ich langsam den Rückweg Richtung Gävle angehen. Ich möchte jetzt einfach noch etwas hier die Höga Kusten erkunden, sehen und entdecken. Deshalb starte ich am Mittag zuerst ohne Ziel und entschließe mich dann doch die Högakustenbron  (Höga-Kusten-Brücke) zu durchfahren.

Passieren einer Fähre. Ähnlich spannend wie am Bodensee, nur sind hier die Wege kürzer

Hier, zwischen den Inseln, wechselt der Wind immer wieder etwas. Vor allem in der Stärke. Aber ich habe Wind aus NO und Kurs NW. So setze ich nur die Fock und lasse mich einfach treiben. Ich habe jegliche Eile verloren. Dass die Logge immer wieder mal unter 3 Knoten fällt stört mich nicht. Ich genieße einfach die Landschaft.

Die Höga-Kusten-Brücke war bei ihrer Eröffnung 1997 mit 1800 Metern die neuntlängste Hängebrücke der Welt. Vorbild war die Golden Gate Bridge. Daneben ist es eines der höchsten Bauwerke Schwedens (186 Meter). Die Durchfahrtshöhe beträgt 40 Meter.

Höga-Kusten-Brücke in Sicht
Es kommt einem trotzdem immer knapp vor
Ein imposantes Bauwerk

Direkt bei der Brücke hat es einen Steg mit Gastliegeplätzen. Ich versuche mein Glück, doch die wenigen Plätze sind alle belegt. Viel weiter möchte ich nicht. Ich möchte nicht wieder spät Abends ankommen. Also suche ich mir die nächste Möglichkeit heraus. Bei Västby hat ein kleiner Club einige Gastplätze. Also steuere ich diesen an – wieder nur mit Fock. Sind nur 5 oder 6 sm. Die Gastplätze sind alle frei. Ich mache fest und finde jemanden im Hafen. Ich frage wie das mit der Bezahlung läuft und er fragt mich, wie lange ich bleiben möchte. Hierher verirren sich wohl nicht viele Gäste und mir wird auch bald klar weshalb. Direkt dahinter liegt eine Eisenbahntrasse und dahinter eine Schnellstraße. In der einen Richtung ist die Kulisse recht idyllisch, in die andere weniger. Aber ich habe jetzt auch keine Lust mehr weiter zu ziehen. Die Möglichkeiten zu ankern sind hier bescheiden. Der Mann entpuppt sich als Mitglieds des Clubs und meint für eine Nacht müsste ich nichts bezahlen. Wie heißt es so schön: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.

Festgemacht

Und noch etwas erwähnenswertes: Die Wassertemperatur beträgt 24 Grad. Da nehme ich doch gleich einmal das erste Bad auf der Reise. Der Sommer ist mittlerweile auch in Schweden angekommen. Am Polarkreis hatte es gestern gegen Abend 24 Grad. Im Moment ist es in Norden wärmer als im Süden. In einigen Regionen sind jetzt offene Feuer wegen der Waldbrandgefahr verboten. Das Wetter und dann noch Südwind, das hätte ich mir einige Wochen früher gewünscht.

Flusssegeln vom Feinsten

Freitag, 18. Juli 2025

Heute mache ich nur einen kurzen Schlag. Da ich wegen der Höga-Kusten-Brücke schon in den Fluss Ångermanälven eingebogen war, und der kleine Bootsclub von Frånö nicht weit entfernt war, sollte dies mein Tagesziel sein. Nur 6 sm. Aber der kleine Hafen ist nur 4 km von der Stadt Kramfors entfernt und laut Hamnguiden sollte es Fahrräder zum Ausleihen geben. Denn bevor es wieder raus geht Richtung Ostsee, wollte ich die Vorräte auffüllen.

Tschüss Västby … Im Hintergrund sieht man die Oberleitung der Eisenbahn

Dank Ostwind bzw. später Südost konnte ich sehr schön den Fluss hinauf segeln was sehr spannend war. Denn aufgrund der Biegungen, Wendungen und Inseln musste immer wieder die Segelstellung geändert werden. Steuerbordbug, Backbordbug oder mal Schmetterling. Der Fluss hat hier kaum Strömung und so kam ich gut voran und war am späten Nachmittag im Hafen. Wie immer bekam ich Hilfe beim Anlegen. Wieder war ich der einzige Gast. In diese Gegend verirren sich wohl nur wenige (dabei verpassen sie die schöne Landschaft).

Und wieder eine Brücke – diesmal 30 Meter Durchfahrtshöhe
Festgemacht in Frånö

Es waren drei Männer vom Club da und natürlich interessierte man sich dafür woher ich komme, seit wann ich unterwegs bin. Und ich erzählte von manchem Erlebnis, den letzten Tagen und vor allem weshalb ich hierher gekommen war. Auf meine Frage, ob ich den ein Fahrrad ausleihen könnte meinte einer: „er wird dich fahren“ und zeigte auf einen der Männer. Auf meine Frage, wie ich dann zurück in den Hafen komme, meinte er „er bringt dich auch wieder hierher“.

Gesagt, getan. So hatte ich mein kostenloses Taxi in die Stadt zum Coop und beim Systembolaget ging es auch nur kurz vorbei. Achja, und noch einmal etwas Bargeld holen. Hier musste ich zum ersten Mal die Hafengebühr bar bezahlen. Ansonsten wäre Swish möglich gewesen, aber dieses Bezahlsystem steht nur Schweden zur Verfügung.

So, und jetzt freue ich mich auf das erste schöne Wochenende mit Sonne, Wind und ohne technische Probleme seit acht Wochen auf der Ostsee…

Sonntag, 6. Juli 2025

Heute regnet es nur einmal – von morgens bis abends. Aber das habe ich gewusst. Meine Einkäufe habe ich bereits am Vortag erledigt und da es mit dem Regen auch kalt ist, bleibe ich gemütlich in meinem Daunenschlafsack eingemummelt bis 11 Uhr liegen. Gemütliches Frühstück. Bei dem Wetter habe ich keine Lust von Bord zu gehen.

Regen – ein Tag an dem man keinen Hund vor die Türe jagt

Nachdem jetzt alle Akkus voll geladen sind, richte ich an den LiFePo Batterien alles so, das ich schnell und einfach die Peripherie aktivieren kann. D.h. der 230 V Konverter bleibt angeschlossen und auch das Ladekabel für das Ladegerät der LiFePo Akkus. Dann sortiere ich noch das am Vortag verursachte Chaos etwas und spüle das Geschirr der letzten zwei Tage. Der Akku der starken LED-Taschenlampe wird auch noch gleich geladen.

Am Nachmittag setze ich mich an den Laptop, neben mir das iPad. Überlegungen anstellen, wie ich die nächsten zwei Tage gestalten kann. Das Traumziel, Haparanda, habe ich mit dem heutigen Tag abgeschrieben. Es ist für mich nicht mehr erreichbar. Es wären immer noch etwa 600 gesegelte Seemeilen von hier bis Haparanda. Etwa 650 Seemeilen bin ich jetzt unterwegs. Die Frage ist: Soll ich noch etwas in den Norden oder gleich wieder zurück Richtung Süden. Im Moment kann ich mich nicht entschließen. Ich denke ich entscheide es am nächsten Tag spontan im Laufe des Vormittags.

Achja, inzwischen kann ich den kühlen Temperaturen auch etwas abgewinnen: Schon in Älmsta (als noch mein Bekannter mit an Bord war) bemerkten wir, dass es hier ordentlich Stechmücken haben kann. Das ist hier nicht besser. Trotz der kühlen Temperaturen „verirren“ sich zwei oder drei Stechmücken in das Boot. Das Thema möchte ich mir gerade nicht bei 25 Grad ausdenken.

Kuggören

Montag, 7. Juli 2025

Nachdem ich meine Arbeit vorerst erledigt habe, kann ich gegen 14 Uhr ablegen. Zum nächsten Hafen wäre es zu weit auch aufgrund des schwachen, ungünstigen Windes. Deshalb suchte ich irgendeine Ankerbucht oder SXK-Boje in machbarer Entfernung. Das einzige, was sich anbot, war eine SXK-Boje bei Kuggören. Zuerst ging es wieder raus aus der Bucht von Hudiksvall. Diesmal jedoch unter Segel. Musste zwar ein paar Mal improvisieren, aber letztendlich ging das ganz gut. Es war ein ziemlich wechselnder Wind sowohl in Stärke als auch in Richtung.

Nachdem ich wieder einmal eine Durchfahrt zwischen zwei Inseln hatte, ging es gezwungenermaßen raus auf die offene See. Leider stimmte die Windrichtung nicht so, wie sich das Orca gedacht hatte. Ich segelte erst einmal weiter auf dem ungünstigen Kurs (hoch am Wind). Die Welle nahm mehr und mehr zu. Am Ende waren es etwa 2 Meter. Gleichzeitig lies der Wind nach – nur noch 7 bis 8 Knoten. So machte ich nur noch etwa 3 Knoten Fahrt am Wind. Das machte keinen Sinn. Deshalb holte ich dann letztendlich die Segel herunter, um die letzten 10 sm mit Motor zu machen.

In der Bucht bei Kuggören war die Welle endlich weg. Aber die SXK-Boje war leider bereits belegt. Nach der Karte von Navionics sollte es noch eine Besucher-Boje geben. Aber die gab es nicht. Also blieb zuletzt nur noch die Option den Anker zu werfen. Auf 7 Meter Tiefe brachte ich 20 Meter Kette plus 7 Meter Bleiankerleine aus. Aber der Anker hielt nicht. Ich wollte noch einen Versuch weiter innen machen, da winkte mir eine Schwedin von einem Bootshaus. Ich fuhr zu ihr hin und sie bot mir an, am Bootshaus längs festzumachen. Das Angebot nahm ich gerne an. Sie bot mir auch noch Frischwasser an, erklärte mir wo ihre Toilette ist und meinte ich solle am Haus klopfen wenn ich etwas brauche. Könnte Schweden schöner sein?

Festgemacht am Bootshaus
Hier hat jede/r sein eigenes Toilettenhäuschen
Da liegt Miss Sophie am Bootshaus. Rechts wäre die SXK Boje die belegt ist
Frühgeschichtliches Labyrinth
Keine Ahnung was das für ein Fisch ist – war aber lecker und hat 2 Tage gereicht

Von der freundlichen Bewohnerin erfahre ich, dass hier noch acht Menschen leben. Die restlichen Häuser sind alles Ferienhäuser. Ich machte noch einen Spaziergang in das Dorf. Dort sollte es frischen und geräucherten Fisch zu kaufen geben. Und auch wenn es schon spät ist (gegen 21 Uhr), bekomme ich noch einen geräucherten Fisch der gleich zu meinem Abendessen wird.

Stocka

Dienstag, 8. Juli 2025

Heute habe ich ein paar geschäftliche Termine am Nachmittag weshalb ich gleich am Morgen los mache. Ich durfte ja nur eine Nacht am Bootshaus bleiben. Sonst wäre ich vielleicht noch geblieben, um noch etwas die Gegend anzuschauen. Die SXK Boje war natürlich immer noch belegt.

Aber da auch wieder einmal eine Dusche gut wäre, habe ich mir einen Hafen ausgesucht. Nur 13 Seemeilen – das sollte flott zu schaffen sein, dachte ich. Doch raus aus der Bucht, wie soll es anders sein, kam der Wind mal wieder direkt auf die Nase und damit anders, als es Orca berechnet hatte. Ich wollte nichts unversucht lassen und zog einmal die Segel hoch. doch bei 6 bis 7 Knoten Wind und der Welle machte ich gerade mal 2,5 Knoten Fahrt. Das würde nicht reichen, um rechtzeitig für die Arbeit online zu sein. Deshalb wurden die Segel geborgen und unter Maschine die kurze Strecke zurückgelegt.

3h 20 min für 13 Seemeilen sind noch o.k. Aber normal, ohne diese Welle, macht Miss Sophie 5 Knoten. Nebenbei: Auch die großen sind bei diesen Bedingungen ohne Segel unterwegs. Es ist oft eher so, dass ich unter Segel bin, während mir ein Segler in Maschinenfahrt begegnet.

Anlegen war mal wieder mit Heckboje. Für mich (einhand) immer noch eine aufregende Aufgabe. Beim ersten Versuch hat es mir den Bug verrissen, als der Festmacher von der Boje dicht kam und ich den Vorwärtsgang im Standgas drin hatte. Beim zweiten Versuch stand ein Helfer am Steg und ich gab die Heckleine kontrolliert nach und Vorwärtsschub nur soweit als notwendig. So geht es wesentlich besser.

Überrascht war ich von der Hafengebühr – 130 SEK (weniger als 12 Euro) das ist bisher mit Abstand der günstigste Hafen. Und die Sanitäranlagen sind sehr ordentlich. Statt Papierhandtücher gibt es kleine Frottee-Handtücher auf den Toiletten, die jeden Tag frisch aufgefüllt werden. Vielleicht liegt es auch daran, dass angrenzend bzw. dazugehörend ein Stellplatz für Wohnmobile ist.

Mein Winterplatz in Gävle ist jetzt so gut wie in trockenen Tüchern. Darüber bin ich ganz froh. Im anderen Fall (Nävekvarn) müsste ich jetzt schauen das ich zurück komme. Denn von hier sind es etwa 300 sm bis Nävekvarn. Also 10 bis 15 Segeltage. Und so kann ich mir die Aland Inseln bequem für nächstes Jahr aufheben.

Ich denke diese Überlegungen stellen viele deutsche Segler an, die für den Winter meist zurück in die Heimat möchten. Denn seit einigen Tagen sehe so gut wie keine deutschen Segler mehr. Überhaupt wenig ausländische Segler. Wenn, dann sind es oft Finnen. Ist ja naheliegend.

Den lauen Abend habe ich dann noch genützt, nach dem Deckslüfter zu schauen. Wenn eine Welle über das Boot kommt oder es stark regnet, tropft es auf den Tisch. Aufgeschraubt und erst einmal sauber gemacht. Die mehr als 30 Jahre alten Dichtungen sind vollkommen hinüber. Mit Gafa-Tape (ich liebe es) versuche ich das so zu präparieren, dass in Zukunft kein Wasser hinein schwappt. Sollte das nicht funktionieren, wird das Ding komplett zu geklebt. Funktioniert sowieso nicht mehr. Eine andere Baustelle habe ich noch an einem Decksdurchlass für das Toplicht. Auch der ist nicht dicht.

Mit wenig Wind geht es weiter

Mittwoch, 9. Juli 2025

Das ist mir jetzt schon lange nicht mehr passiert – ich habe verschlafen. Ich glaube ich hatte vergessen den Wecker zu stellen. Es ist aber auch so schwer, hier ein Gefühl für die Uhrzeit zu bekommen. Um 6 Uhr morgens strahlt hier schon die Sonne ins Boot. Ich drehe mich noch einmal um und gegen 9 Uhr wache ich erschrocken auf. Das gibt wenig Arbeitsstunden heute. Gegen 13.30 Uhr gehe ich noch zum Lunch. Lunch ist eine günstige Gelegenheit zu essen. Wie die Mittagskarte in Deutschland. Wobei es hier meistens Lunch zwischen 11 und 15 Uhr gibt. Manchmal sogar bis 16 Uhr.

Tschüss Stocka

Der Wind soll heute schwach sein und ich möchte auch keinen langen Schlag machen. Nachdem ich Haparanda gestrichen habe, nehme ich einfach mit was kommt. Inzwischen habe ich eine Online-Karte des SXK mit allen Bojen und auch Naturhäfen gefunden. Teilweise sogar verlinkt zu weiteren Informationen. Dort fand ich den Naturhafen Lill-Lubban. Dieser wurde vom SXK angelegt, steht aber allen offen. Es gibt einen Grillplatz, eine Trockentoilette und eine Sauna (mit Holz betrieben). Da die Batterien wieder voll geladen waren, ein ideales Ziel.

So glatt wie heute hatte ich die Ostsee bisher nicht gesehen. Es ist fast wie auf dem Bodensee. So läuft es trotz schwachem Wind (etwa 8 Knoten) ganz gut mit 3 bis 4 Knoten Fahrt auf raumen und manchmal auf halben Wind.

Doch zunehmend kommt der Wind mehr von Süden und damit mal wieder direkt von hinten. Außerdem lässt er stark nach. Ich möchte nicht zu spät ankommen und werfe den Motor an. Nach einiger Zeit nimmt der Wind wieder etwas zu. Auch wenn er jetzt direkt von hinten kommt, denke ich hier ganz gut einen Schmetterling segeln zu können. Einen Spinnaker habe ich nicht dabei. Zur Sicherheit setze ich diesmal einen Bullenstander. Das ist eine Sicherung des Großbaums, um eine Patenthalse zu vermeiden. Das geht eine ganze Zeit ganz gut. Doch dann nimmt der Wind wieder ab und der Motor muss doch wieder einspringen.

Die Einfahrt in die Bucht – kaum zu erkennen

Die Einfahrt geht etwas im Zick-Zack. Aber dank Orca und Navionics auf dem Plotter gut zu bewältigen. Am Steg, der etwa Platz für 10 Boote bietet, ist noch eine Heckboje frei. Hier ist es windstill und ich kann die Boje gemütlich ansteuern. Aber auch hier wieder kommt eine helfende Hand und fängt meinen Bug auf. An der Grillstelle brennt schon ein Feuer und ich kann mein Grillfleisch direkt auflegen. Dazu noch schnell einen Tomatensalat mit Feta-Käse gemacht. Der Tag könnte kaum schöner sein.

Abendessen mit Aussicht

Zum Tynderökanalen mit Zwischenstopp

Donnerstag, 10. Juli 2025

Ich möchte Härnösand erreichen. Das sind zwar „nur“ 35 bis 40 sm auf relativ direktem Weg aber wir haben wie so oft? Richtig: Nordwind. Bzw. jetzt eigentlich kaum Wind. Die Ostsee ist fast spiegelglatt. So habe ich sie in den vergangenen Wochen nicht gesehen. Also plane ich viel Zeit unter Motor ein und einen Zwischenstopp. Ich schaue im Hamnguiden und auch auf der Karte des SXK. Wobei ich jetzt gerne wieder einen Hafen mit Strom anlaufen würde. Im Hamnguiden finde ich den Tynderökanalen etwa auf halbem Weg. Etwa auf 1/3 des Weges liegt Lörudden. Dort empfiehlt der Hamnguiden das Restaurant Sillmans welches im White Guide (einem schwedischen Restaurantführer) aufgeführt ist. Ich schaue auf der Internetseite, ob sie auch Lunch anbieten (Mittagsmenü in Deutschland). Eine reduzierte Auswahl zu einem günstigeren Preis. Und ja, das bieten sie an von 11 bis 16 Uhr. Na, das sollte doch passen.

Nachdem ich um 13 Uhr meine Arbeit vorerst beendet habe, geht es wieder vorsichtig hinaus im Zick-Zack um die Steine herum aus dem Naturhafen. Wie angekündigt hat es kaum Wind und der wenige Wind kommt aus Nord. Also geht es unter Maschine weiter Richtung Norden. Auch die Einfahrt in den kleinen Hafen von Lörudden ist steinig und es muss genau navigiert werden. In Stocka habe ich einen Schweizer beim Aufrumsen auf einen Stein beobachtet – sein Schiff hat einen schönen Sprung gemacht. Ich wäre damit in den nächsten Hafen gefahren…. (Habe ihn am nächsten Tag vor Anker wieder gesehen – mutig).

Direkt vor dem Restaurant kann ich einparken. Eng, aber es passt. Ich entscheide mich für das 2-Gänge Fischmenü. Lachstartar auf Smörebröd und einen anderen Meeresfisch auf jungen Kartoffeln mit einer Hummersauce. Etwa 25 Euro. Das ist teurer als das, was sonst als Mittagsmenü angeboten wird aber angesichts der Qualität, des Namens und der Lage ein Schnäppchen. Es wird mir sogar angeboten, mit meinem Boot hier über die Nacht liegen zu bleiben. Er würde mit dem Fischer reden. Aber dann wäre der Weg nach Härnösand wieder weit und auch für die nächsten Tage ist Nordwind angesagt.

Lörudden – direkt vor dem Restaurant liegt Miss Sophie
Ein malerisches Dörfchen dieses Lörudden

Also Leinen los und weiter. Zuerst wieder unter Motor aber dann sehe ich, dass ein Am-Wind Kurs gut möglich sein sollte und die Segel werden gesetzt. Ich segle auf Backbord-Bug und zwei entgegenkommende Yachten müssen mir etwas ausweichen. Sie sind schon wieder auf dem Weg Richtung Süden. Eine deutsche und eine niederländische Yacht. Beide mit einem schönen Gennaker auf raumschot Kurs. Ich beneide sie.

Aber auch bei mir läuft es ganz gut. Knapp 8 Knoten Wind bringen 4 bis 5 Knoten Fahrt am Wind. Doch leider verlässt mich dieser auf halber Strecke. Die Ostsee wird noch glatter. Also wieder Maschine an – ich möchte ja noch ankommen. Nach etwa einer Stunde erreiche ich den Tynderökanalen. Es wird eng. Richtig eng. Kurz vor der Einfahrt in die enge Stelle signalisiert mir eine Gruppe junger Männer vom Ufer, dass ich hier nicht weiterfahren soll. Ich stoppe und fahre etwas heran. Ich sage ihnen meinen Tiefgang von 1,40 Meter und sie signalisieren mir, zwischen den Flaggen zu fahren die etwa 5 Meter auseinander sind.

Im Standgas fahre ich hinein und beobachte das Lot. Im Notfall haue ich den Rückwärtsgang rein und überlege mir Plan B (dazu weiter unten). Aber es sieht gut aus. Im engen Kanal habe ich etwa 2,2 Meter. Reicht. Dann mache ich längsseits fest – 1,50 Meter. Reicht doch. Klar, bei felsigem Untergrund und vielleicht zu erwartenden Wellen würde ich so etwas nicht machen. Aber hier ist das kein Risiko da es ein weicher Untergrund ist.

Im Kanal. Hier ist es noch nicht eng

Anmerkung zum Plan B

Ich habe gelernt, nach Möglichkeit immer ein oder besser zwei Alternativen zu haben. Der Plan geht nicht immer auf (z.B. Kuggören wo Ankern der Plan B gewesen wäre). Ich hatte mir für heute in der Nähe mögliche Ankerbuchten oder SXK Bojen ausgesucht. Kurz vor dem Kanal hat es eine Ankerboje des SXK. Die war natürlich belegt. Doch laut Navionics sollte es noch eine zweite „Visitors“ Boje geben. Ich habe sie nicht gesehen. Das war wie in Kuggören.

Lessons learned

Verlasse dich weder auf elektronische Seekarten wie Navionics noch auf Revierführer. Sie stimmen vielleicht zu 98%. Aber nicht zu 100%.

Zum Hamnguiden: Er gibt hier 1,80 Meter am Liegeplatz an. Ein Träumchen. Ich habe gerade noch 10 cm Wasser unter dem Kiel (mein Tiefgang 1,40 Meter). Ich bin das einzige Segelboot am Platz. Laut dem Hamnguiden soll es hier Strom geben – gibt es nicht.

Kommt man von Osten ist der Tynderökanalen ist es hier für Segelboote fertig

Neuer Tag, neue Probleme…

Freitag, 11. Juli 2025

Ich freue mich auf das Wochenende. Die Wetteraussichten sind gut. Dass es wie immer Nordwind gibt und geben soll, stört mich nicht mehr. Dann schaue ich eben, was ich hoch am Wind erreiche oder nicht. Ich habe kein festes Ziel mehr. Ich möchte einfach nur noch mitnehmen was geht. Im Naturhafen Lill-Lubban hatte ich mich mit einer deutschen Seglerin unterhalten die von der Höga Kusten schwärmte.

Da ich auch dringend mal wieder einkaufen sollte (Joghurt leer, Brot leer, Getränke werden knapp, Bier leer,….) sehe ich Härnösand als erreichbares Ziel. Laut der Routenberechnung von Orca gut 20 sm. Nach getaner Arbeit, allen Vorbereitungen zum Ablegen, möchte ich den Motor starten. „Klack“. Nichts. Noch einmal versucht. Jetzt nicht einmal mehr ein „Klack“. In der Rumpelkammer freigeräumt, um die Batteriespannung messen zu können. 12,5 Volt. Das sollte eigentlich ausreichend sein. Blick in den Motorraum und ein erster Schock. Eine der beiden Befestigungsschrauben der Lima ist abgerissen – die am Motorblock. Das Reststück bekomme ich heraus gedreht. Anruf bei meinem Remote-Support in Deutschland in Sachen Motor.

Erste Klärung: Kann der Motor auch ohne Lima laufen? Ja, kann er. Beantwortung der Frage nach den Geräuschen. Seine Vermutung: Der Anlasser. Ich soll dem Anlasser mal ein paar leichte Hammerschläge geben (nachdem ich die Lima ausgebaut habe). Also zuerst mal Batterie abklemmen, Lima ausbauen, alle Kabel isolieren und beschriften. Dann ein paar leichte Hammerschläge – neuer Versuch. Der Motor springt an.

Rücksprache mit meinem Remote-Support. Fazit: Anlasser ist wohl hinüber und ich brauche einen neuen. Und zwar bald. Dazu kommt noch die abgerissene Schraube an der Lima für die ich Ersatz brauche. Ich könnte heulen. Samstag / Sonntag stehen an. Das sind die Tage, an denen ich während meines Workation den ganzen Tag segeln könnte. Samstag und Sonntag werde ich auch in Härnösand nichts erreichen.

Raus aus dem Kanal und froh, wieder etwas Wasser unter dem Kiel zu haben

Aber jetzt muss ich hier erst einmal weg. Denn hier, im Tynderökanalen, bin ich in der Pampa. Weit weg von einer größeren Stadt. Ich muss es nach Härnösand schaffen. Richtung Süden ist auch keine größere Stadt in Sicht. Wie gesagt – mal wieder Nordwind. Der optimistischen Routenberechnung von Orca kann ich nicht gerecht werden. Aber was soll’s. Also segle ich hoch am Wind weit hinaus auf die offene Ostsee. Mit etwas Welle ist es ein nasses Segeln aber dank Sprayhood bleibe ich im Trockenen. Und die Geschwindigkeit passt. Zuerst bei 10 Knoten mit gut 5 Knoten hoch am Wind. Später mit etwas zunehmenden Wind erreiche ich 6 Knoten. Ich habe eben die Wende Richtung Härnösand gemacht, als ein Frachter auf dem Plotter erscheint. Ziemlich genau auf meinem Kurs. Ich schaue mir das noch eine Weile an und hoffe zu sehen, dass er eindeutig vor mir durchgeht. Er ist mit etwa 15 Knoten unterwegs. Doch auch nach längerer Beobachtung ist mir das zu vage. Also mache ich gezwungenermaßen noch eine Wende. Ich hätte zwar Vorfahrt da ich unter Segel bin und wir sind auf offener See, kein Verkehrstrennungsgebiet. Doch ich möchte es nicht darauf ankommen lassen. Schließlich empfange ich nur AIS, sende aber kein AIS. Wer weiß, ob ich auf der Brücke gesehen werde.

Der optimistischen Routenberechnung von Orca kann ich nicht ganz folgen
Segeln hoch am Wind
Die Aktion am Morgen hat etwas Chaos hinterlassen. Alles zu seiner Zeit…

Nach der Wende kann ich den Kurs wieder auf Härnösand anlegen. Der Wind hat inzwischen auf 15 Knoten zugelegt und die Welle auf etwa 0,5 Meter.

Härnösand liegt zur Hälfte auf dem Festland und zur Hälfte auf einer Insel. Es gibt drei oder vier Häfen für Sportboote. Eigentlich wollte ich, in Hinblick auf meinen Weiterweg, den nördlichen Hafen Norra Sundet anlaufen. Doch 2025/2026 wird die Klapp-Brücke am Norra Sundet neu gebaut. Daher wurde der Sportboothafen provisorisch verlegt, hat nur noch wenige Liegeplätze und keinen Strom. Also bleibt nur der südliche Hafen Södra Sundet. Und wegen der Bauarbeiten komme ich auch nicht durch die Stadt Richtung Norden sondern muss auf meinem Weiterweg zuerst wieder zurück, um um die Insel zu kommen. Aber das ist jetzt erst einmal nicht mein Problem.

Vor der Einfahrt in den Sund hatten Wind und Welle zugenommen. Der Wind bläst aus NNO. Deshalb versuche ich so hoch wie möglich zu segeln damit ich möglichst in die östliche Landabdeckung komme. Meine Hoffnung und Erwartung ist, dass Wind und Welle aufgrund der Landabdeckung abnehmen. Der Plan geht relativ gut auf. Ich überlege zuerst noch mit Fock und Großsegel in den Sund hinein zu segeln. Doch der Wind ist auch hier noch so stark, dass ich entschließe die Fock zu bergen und nur mit dem Großsegel zu segeln. Das geht mit der Dehler 28s relativ gut. Außerdem kann ich im Notfall das Großsegel recht schnell bergen. Boot in den Wind und runter.

Einfahrt in den Sund – ilustre Häuser

So schippere ich mit etwa 3,5 Knoten in den Sund. Anfangs steuert noch Johann – mein Pinnenpilot. Aber zunehmend dreht der Wind immer wieder und damit übernehme ich das Ruder. So schaffe ich zumindest einen Teil des Sund unter Segel. Doch schließlich muss ich meine Ambitionen aufgeben. Der Windeinfallswinkel wird zu steil und es wird zunehmend enger, um hier noch zu kreuzen. So wird das letzte Stück unter Motor bewältigt.

Härnösand in Sicht
Festgemacht in Härnösand. Der Gästesteg ist ziemlich leer

Achja, den Motor hatte ich sicherheitshalber schon draußen gestartet, nachdem ich die Fock geborgen hatte. das war mir dann doch zu heiß, es im Sund darauf ankommen zu lassen. So lief er eine Zeit im Leerlauf mit.

Angekommen in Härnösand

An den Gästestegen liegt nur eine einzige Segelyacht – aus Finnland. Alle anderen Plätze sind frei. Also suche ich mir aufgrund der Windrichtung den für mich günstigen Platz aus. Hier hat es wieder die Y-Ausleger. Darüber bin ich ganz froh, denn ich habe für den heutigen Tag genug Stress gehabt. Nach 6 Stunden und 23 Seemeilen bin ich fest am Steg und auch etwas k.o. Aber es war ein toller Segeltag. Alles hoch am Wind, etwas nass aber mit schönem Speed. Ich bin zufrieden. Drei Begegnungen: 2 Yachten auf dem Weg Richtung Süden und der Frachter.

Morgen werde ich erst einmal einkaufen und dann mir einen Plan machen bezüglich des Anlassers und der abgerissenen Schraube an der Lima. Handelsgeschäfte haben in Schweden Samstag und Sonntag geöffnet. Aber Werften und ähnliches sind Samstag / Sonntag wie bei uns geschlossen. D.h. da werde ich am Wochenende nichts erreichen, außer das ich Adressen und Telefonnummern recherchieren kann.

Einerseits ärgert mich das sehr, da eben das Wochenende der Zeitraum wäre, an dem ich ohne Rücksicht auf Arbeit und Meetings segeln könnte. Andererseits: Ich bin jetzt so weit gekommen. Ich habe jetzt etwas die Hälfte des Bottnischen Meerbusens besegelt – etwa 750 Seemeilen. Das sind fast 1.400 Kilometer. Ich bin schon dabei, langsam einen Blick zurück zu werfen. Wenn ich an all die Erlebnisse denke, welche Schwierigkeiten ich gemeistert habe und das als Anfänger auf der Ostsee, da blicke ich jetzt entspannt nach vorne.

In plus/minus 10 Tagen habe ich meinen Umkehrpunkt erreicht. Dann muss ich Kurs Richtung Süden nehmen, damit ich mein Winterlager in Gävle erreiche (das jetzt sicher und alles geklärt ist). Und sollte mein Umkehrpunkt mein heutiger Liegeplatz sein, ist das auch o.k.

Es geht auf jeden Fall weiter. Das Boot schwimmt noch und noch mehr, es segelt hervorragend. Das neue Problem mit dem Motor werde ich sicher auch gelöst bekommen. Wäre doch gelacht…

Fortsetzung folgt….

Nur ein kleiner Schlag…

Sonntag, 29. Juni 2025

Noch liege ich im Gästhamn von Gävle und ich sollte jetzt nach Huseliharen da voraussichtlich am Dienstag dort die Lichtmaschine eintreffen sollte. Selbst in dem Hafen, der praktisch in der Stadt liegt, hat es 10 – 15 Knoten Wind mit Böen um 20 Knoten. Da ich in Huseliharen an einer Heckboje anlegen muss, nicht weiß wie die Situation dort ist, studiere ich mehrfach über den Tag Windfinder und Windy. Gegen 17 Uhr soll der Wind etwas nachlassen bevor er dann in der Nacht wieder zunimmt. Für den nächsten Tag sieht es nicht besser aus. Gegen 17 Uhr lässt der Wind tatsächlich etwas nach. Es hilft nichts – ich muss dort rüber. Nur ein kurzer Schlag von 5 sm die ich unter Motor mache. Also ca. 1 Stunde.

In einer Windpause werfe ich die Leinen los und lege ab. Was ich nicht beachtet hatte, das waren dunkle Regenwolken im Westen. Der Wind kommt aus Südwest. Keine 10 Minuten später spüre ich die ersten Regentropfen und dann geht das „Inferno“ auch gleich los. Der Wind legt zu auf 20 Knoten und es hat Böen bis 30 Knoten. Auch ohne Segel legt sich Miss Sophie auf die Seite. Dazu schüttet es in Strömen. Und das im engen Fahrwasser.

Ein Stück weiter draußen kann ich das Fahrwasser verlassen und den Pinnenpilot verwenden. Zeit genug, um die nassen Klamoten gegen Ölzeug zu tauschen. Kurz vor Huseliiharen ist der Spuk vorbei. Der Wind hat wieder nachgelassen. Die Bojenplätze liegen windgeschützt und ein Finne, der wohl auch eben angelegt hat, nimmt mir freundlicherweise die Bugleinen während ich die Heckboje belegen kann.

Lessons learned

Bevor du ablegst, auch wenn es nur ein kurzer Schlag ist, studiere den Himmel in alle Richtungen und außer den Windvorhersagen auch den Wetterbericht und ggf. auch den Regenradar.

Angekommen in Huseliiharen

Der Gefle Segel Sällskap ist der älteste Segelclub Schwedens – gegründet 1880. Ich hatte hier einen elitären Hafen mit Clubhaus erwartet. Ein Clubhaus gibt es wohl, das ist aber geschlossen. Auch sonst ist niemand zu sehen. Was ebenfalls überrascht: Es liegen einige Motorboote im Hafen. Das wäre bei unserem Segelclub am Bodensee undenkbar. Das Restaurant hat eine gehobene Karte und gehobene Preise. Aber es gibt wohl Lunch um die Mittagszeit. Das werde ich gleich am nächsten Tag testen. Ich buche jedenfalls den Liegeplatz für 2 Tage über Dockspot.

Die sanitären Anlagen sind sehr einfach – zwei einfache Toiletten, zwei Duschen, eine Waschmaschine.

Gästehafen Huseliiharen

Ich brauche einen Plan…

Mehr und mehr muss ich mir Gedanken machen, wie es weitergehen soll. Mein Urlaub ist am Montag zu Ende. Für Juli und August habe ich einen geänderten Arbeitsvertrag – Workation. Ich muss 6 Stunden täglich arbeiten. Das kann ich vom Boot aus da bei meiner Tätigkeit die meisten Meetings über Teams stattfinden. Dafür hatte ich Starlink angeschafft. Im Nachhinein denke ich, ich hätte besser auf 50% reduziert. Aber nun ist es so.

Auch wenn die Tage gerade noch lang sind (Sonnenuntergang 22:25 Uhr), bedeutet das eine sehr reduzierte Zeit segeln zu können. Außerdem werden die Tage jetzt kürzer. Mein Traum war die Gelbe Tonne bei Haparanda. Ich hatte dafür extra noch einen Club-Stander mitgenommen, um diesen dort zu lassen. Doch der Traum löst sich mehr und mehr in Luft auf. Das Problem mit der Lichtmaschine hat mich noch einmal um Tage zurück geworfen.

Mein zweites Problem: Das Winterlager. Das Boot soll über den Winter in Schweden bleiben. Ohne diese Option wäre es überhaupt nicht realistisch gewesen, die Gelbe Tonne zu erreichen. Ich habe ein Winterlager sicher in Nävekvarn. Das ist etwa 75 sm südlich von Stockholm. Also etwa 3 Segeltage. Ich bin jetzt etwa 3 Segeltage nördlich von Stockholm. Hätte ich ein Winterlager nördlich von Stockholm, würde mir das etwa 6 Segeltage sparen. Doch bis jetzt ist jede Suche erfolglos.

ChatGPT hilft mir, das überhaupt einzuschätzen. Von hier sind es noch etwa 600 – 700 gesegelte Seemeilen bis Haparanda (Luftlinie 350 sm). Ich müsste mit 15 bis 20 Segeltagen rechnen. Wenn man bedenkt, dass ich in 4 Wochen (wetterbedingt) gerade einmal 18 Segeltage hingebracht habe, ist das eine ganz knappe Nummer.

Die Alternative

Die Alternative ist jetzt, oder spätestens in einer Woche, umzukehren und sich Richtung Nävekvarn zu orientieren. Wenn ich dann sehe, dass ich noch gut Zeit habe, könnte ich den Sprung hinüber zu den Aland Inseln machen. Und mit etwas Glück könnte ich von den Aland Inseln das Turku Archipel erreichen und somit noch die finnische Gastland Flagge hochziehen.

Die Entscheidung

Ich schaue auf meine Excel-Tabelle – bisher habe ich auf dieser Reise 590 sm geschafft. Wenn ich hoch scrolle und sehe, dass es noch 600 bis 700 sm bis Haparanda sind, dann ist das Ziel mit dem Rückweg bis Nävekvarn nicht in der Zeit zu schaffen, die mir noch zur Verfügung steht. Einzige Hoffnung ist noch einen Winterliegeplatz nördlich von Stockholm zu finden. Ich schiebe die Entscheidung noch auf.

Der bisher schönste Segeltag (und mein erster Arbeitstag)

Dienstag, 1. Juli 2025

Der 1. Juli ist nach fünf Wochen Urlaub mein erster Arbeitstag unter besonderen Bedingungen. „Workation“ ist der neudeutsche Begriff. Ich muss 6 Stunden täglich arbeiten. Ich bin im Hafen des Segelclubs bei schönstem Wetter. Am liebsten würde ich los segeln. Aber ich warte ja auch noch auf die Lichtmaschine, die heute kommen sollte. Am Morgen rufe ich gleich den Sendungsstatus ab. Sendung wurde für die Zustellung eingeladen. Ich habe eine Notiz für Nord Paket vorbereitet die ich am Restaurant befestige.

Ich beginne meine Mails abzuarbeiten und hole mir einen Status von meinen Arbeitskollegen. Ab 11 Uhr ist das Restaurant geöffnet. Der Paketbote war wohl noch nicht da. Ich informiere noch einmal die Damen im Restaurant. Um 13 Uhr gehe ich dort zum Essen – immer noch kein Paket. Meine Arbeit habe ich vorerst beendet und ich warte. Um 14.30 Uhr kommt endlich der Paketbote und bringt das lang ersehnte Paket. Donnerstag soll das Wetter sehr schlecht sein – da plane ich den Wechsel der Lichtmaschine.

Aber jetzt erst einmal Leinen los. Ich habe mir am Vorabend drei Optionen herausgesucht und markiert. Ziel ist erst einmal die entfernteste – eine Boje des SXK zwischen den Inseln Gäsholmen und Synskär. Zuerst fahre ich noch unter Motor im Fahrwasser. Dann setze ich zuerst die Fock. Der Wind kommt raumschots und da es in Böen 15 Knoten hat, möchte ich erst einmal sehen wie die Bedingungen sind. Mit etwa 4 Knoten läuft es nicht schlecht aber ich denke das Großsegel setzen zu können. Also Fock erst einmal geborgen und Großsegel gesetzt. Jetzt läuft es schon etwas schneller. Wie fast immer bleibt das Großsegel im ersten Reff. Es hat praktisch keine Welle. Sonnenschein und etwa 25 Grad Lufttemperatur. Die Windrichtung ist ideal. Der scheinbare Wind kommt aus 70 bis 90 Grad. Also wird die Fock noch dazu ausgerollt und die Fahrt kann beginnen. Mit gut 5 bis 6 Knoten rauscht Miss Sophie dahin und gegen 19 Uhr sollte das Ziel erreicht sein. Die meiste Zeit steuert Johann, mein Pinnenpilot, und ich kann mich um den Segeltrimm kümmern. Nur an zwei Engstellen übernehme ich kurz das Ruder.

Dann kommt die Einfahrt zwischen den beiden Inseln. Zahlreiche Steine liegen hier unter Wasser. Unter Motor, ganz langsam, taste ich mich hinein. Landmarken helfen bei der Navigation. Aber ohne Navionics und Orca wollte ich das nicht machen. Die SXK Boje ist frei. Doch welche Überraschung – das hatte ich nicht mehr in Erinnerung – es gibt hier noch einen kleinen Steg. An der einen Seite liegt bereits eine schwedische Segelyacht. Ich hatte eigentlich schon alles zum Einfangen der Boje vorbereitet. Die Frau des Skippers kommt an das Stegende. Ich frage, ob ich daneben anliegen kann. Sie fragt nach meinem Tiefgang. Kein Problem. Also neue Vorbereitung für Leinen zum seitlich anlegen. Der Wind kommt genau von hinten und beim Anfahren muss ich immer wieder kräftig rückwärts Schub geben. Doch beide, also der Skipper und seine Frau, stehen am Steg, um mich aufzufangen. Ich liebe Schweden!

Um das Leuchtfeuer geht es herum und dann zwischen die beiden Inseln

Könnte es einen schöneren Platz geben? Das habe ich schon bei meiner ersten Ankerbucht gefragt. Und auch Ilö war wunderschön. Doch das hier übertrifft alles bisherige. Ich habe einen kurzen Schwatz mit der Frau, erzähle woher ich komme usw. Sie sagt mir, dass ihr Mann gerade an der Grillstelle den Grill angeworfen hat und falls ich etwas habe, kann ich es auf den Grill legen. Da habe ich doch noch eine tolle italienische Wurst in der Kühlbox die gleich auf der Feuerstelle landet. Dazu noch schnell einen Tomatensalat gemacht und ein kühles Bier aus der Bilge geholt. Könnte es schöner sein?

Nur zur Info: das kleine Boot ist Miss Sophie
Feuerstelle
Toilettenhäuschen

Regentag und eine erfreuliche Perspektive

Mittwoch, 2. Juli 2025

Den heutigen Regentag hatte ich eingeplant und wollte am Nachmittag die Lichtmaschine wechseln. Das hat auch ganz gut geklappt. Im Moment habe ich noch ein Kabel übrig bei dem ich nicht sicher bin, wo ich es anschließen muss. Ich habe eine Vermutung aber warte noch auf Antwort von Motor-Spezi (von denen kam die Lichtmaschine).

Morgen werde ich auch hier bleiben. Für den Nachmittag / Abend ist draußen Sturm (30 – 40 Knoten Wind) vorhergesagt. DWD und FMI (Finnisches Meteorologisches Institut) sagen Orkanböen und See bis 4 Meter. Hier am Steg bin ich recht sicher und die Bucht scheint einigermaßen geschützt. Ggf. muss ich noch ein paar Fender ausbringen. Freitagmittag sollte sich alles beruhigt haben. Nur die Welle macht mir etwas Sorgen. Wenn es so stürmt, steht da am nächsten Tag sicher noch eine ordentliche Welle. Mal sehen was morgen der Deutsche Wetterdienst sagt.

Regentag
Neue Lichtmaschine ist eingebaut.

Und dann ergab sich noch eine erfreuliche Perspektive: Ich hatte bisher eine sichere Option für das Winterlager. Die wäre in Nävekvarn. Das ist Luftlinie ca. 100 km südlich von Stockholm. Ich hatte die letzten Wochen vergeblich eine Option nördlich von Stockholm gesucht. Zum einen würde mir das „Luft“ für den Rückweg dieses Jahr geben. Und zum anderen hatte ich vor (wenn ich es dieses Jahr nicht schaffen sollte), im nächsten Jahr die Aland Inseln zu bereisen. Von Nävekvarn müsste ich dazu wieder in den Norden segeln.

Gräddö wäre eine gute Option gewesen. Ich hatte zwei Marinas angeschrieben, aber keine Antwort erhalten. Der Schwede, der jetzt neben mir liegt, nannte mir noch eine Option in Gävle und gab mir gleich die Kontaktdaten dazu. Schon am nächsten Tag bekam ich Antwort. In Summe ist das Winterlager auch noch ein gutes Stück günstiger als in Nävekvarn. Mit Ein- und Auswassern etwa 500 Euro. Für die „Mitgliedschaft“ muss ich ein Deposit von ca. 500 Euro bezahlen, die ich dann nächstes Jahr wieder zurück bekomme.

Da dies mir ca. 6 – 8 Tage Rückweg spart, kann ich im Moment auf jeden Fall weiter Richtung Norden segeln. Von hier nach Gävle sind es 20 sm, also gut in einem Tag zu schaffen. Im anderen Fall (Nävekvarn) müsste ich jetzt langsam an den Rückweg denken da ich ich von hier bis Nävekvarn mit etwa 10 Segeltagen rechnen müsste. Plus 10 Tage schlechtes Wetter = 20 Tage.

Nach dem Regen ist vor dem Sturm…
Schön bunt – so soll es Donnerstag gegen 19 Uhr aussehen

Anstrengender Tag…

Freitag, 4. Juli 2025

Um 7 Uhr aufgestanden – ich muss ja noch ein paar Stunden arbeiten. Freitag. Wind und Wetter sind perfekt angesagt. Wind aus Süd. Das bedeutet Halbwind und Raumwind und gutes Vorankommen. Schon am Vorabend hatte ich mir Hudiksvall als maximales Ziel gesetzt. Für den Notfall einige Ankerbuchten bzw. SXK Bojen davor. Ich brauche Strom… Die beiden Schlechtwetter-Tage und das Arbeiten haben meine LiFePo-Akkus leer gesaugt. Der Laptop braucht 5 Ah. Das ist viel. Um 13.30 Uhr kann ich ablegen. Meine „Nachbarn“ die Schweden, haben schon gegen 11 Uhr abgelegt. Wie gerne ich hätte ich es ihnen gleich getan.

Wieder vorsichtig heraus aus diesem Platz zwischen den beiden Inseln. Ich navigiere mit Hilfe von Navionics entlang der Route, die ich beim Einfahren genommen habe. Die ist sicher.

Dann kann ich schon bald die Segel setzen und es geht flott voran. Halber bis raumer Wind mit 10 bis 15 Knoten. Da beschleunigt Miss Sophie auf 5 bis 6 Knoten über Grund. Die meiste Zeit geht es geradeaus mit leichten Korrekturen. D.h. Johann kann den Job machen und ich schaue etwas nach dem Segeltrimm. Eine etwas engere Durchfahrt zwischen zwei Inseln dachte ich zuerst selbst steuern zu müssen. Aber auch dies meistert Johann.

Bestes Segelwetter. Etwa 15 Knoten Wind auf halb oder etwas raum. Miss Sophie läuft mit 5 bis 6 Knoten
Wieder einmal geht es etwas eng zwischen zwei Inseln durch. Mal lässt der Wind nach, dann bläst es wieder durch die Düse
Die Landschaft fasziniert immer wieder
Regenschauer sind nicht ausgeschlossen

Etwa 10 sm vor Hudiksvall muss ich dann doch die Segel bergen. Der Wind lässt nach, es hat einige Wellen und vor allem kam mir eben ein Frachter mit seinem Piloten recht nah – ich bin im Einfahrtsbereich von einem anderen Hafen. Noch 1,5 Stunden unter Motor. Die Einfahrt irritiert mich mehrfach. Irgendwie komme ich heute mit den Tonnen und der Orientierung nicht klar. Kann vielleicht auch daran liegen, dass bereits die Sonne untergegangen ist. Es ist zwar noch relativ hell, aber trotzdem eben nur Dämmerung.

Um 23:30 Uhr komme ich im Hafen an. Kein Gast. Deshalb mache ich frech an den Bojenplätzen längsseits an. Ich habe jetzt keine Lust noch eine Boje einzufangen.

Kein Saft mehr – böse Überraschung

Der Hauptgrund, weshalb ich Hudiksvall angelaufen habe war der, dass ich keinen Saft mehr hatte. Klar, der Tag war anstrengend und ich war auch recht k.o. Das bezieht sich jetzt aber nicht auf mich, sondern auf meine Batterien. Meine LiFePo Akkus (2 x 100 Ah) waren kurz vor dem Ende. Die eine hatte noch 20% und die andere 15%. Was unter anderem daran lag, dass ich jetzt 2 Tage in der Bucht ohne Strom war und in diesen beiden Tagen kaum Sonnenstrom mit Hilfe der Solarmodule ernten konnte.

Der Plan war also hier über Nacht die Akkus aufzuladen, damit ich am nächsten Tag weiter segeln kann. Denn der kommende Tag sollte noch guten Wind und brauchbares Wetter (bedeckt aber trocken) bieten.

Also gleich nach dem Festmachen das Landstromkabel eingesteckt – kein Strom an Bord. Noch zwei andere Steckdosen versucht – gleiches Ergebnis. Ich dachte schon, dass hier der Strom erst mit der Hafengebühr freigeschaltet wird. Die Steckdosen sind nummeriert. So etwas hatte ich schon einmal in Gävle. Da gab es einen extra Code für den Landstrom.

Also bin ich Richtung Hafengebäude gelaufen. Dann die nächste böse Überraschung: Am Ende des Stegs (also am Anfang wenn man von Land kommt) eine Gittertüre mit Umrahmung, so, dass man sie auch nicht umgehen kann. An der Türe eine Info: Hafenmeister ist von Montag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr und Samstag, Sonntag von 9 bis 13 Uhr da. Spät kommende Gäste sollen sich am nächsten Tag anmelden. D.h. man bekommt mit der Anmeldung einen Schlüssel für die Türe (und für die Sanitäranlagen). Willkommen zurück in der Vergangenheit. Kein Dockspot, kein Automat für die Anmeldung und zu alledem: Kein Strom.

Was soll’s. Ändern kann ich es nicht. Nach einem Glas Rotwein falle ich gegen 1 Uhr erschöpft in die Koje.

Alle Akkus leer – alle Ladegeräte angeschlossen

Samstag, 5. Juli 2025

Am nächsten Morgen also angemeldet beim Hafenmeister. Der Hafen ist günstig (im Verhältnis zu dem, was ich bisher bezahlte): 200 SEK – umgerechnet etwa 20 Euro. „Mit Strom?“ frage ich. „Ja, mit Strom“. Dann sage ich ihm, dass kein Strom an den Anschlüssen ist. Er wird jemanden anrufen. Nach dem Duschen gehe ich noch einmal zum Hafenmeister. Er hat jemanden auf die Mailbox gesprochen. Ich glaube das wird nichts mehr mit Strom. Aber man soll ja nichts unversucht lassen. Also ziehe ich mein Boot einige Meter Richtung Land, damit mein Landstromkabel an die nächste Säule reicht. Heureka! Es gibt Strom. Schnell alle Ladegeräte angeschlossen. Aber gleich die Erkenntnis: Heute komme ich nicht mehr weiter.

Das ärgert mich dreifach: Zum einen ist heute Samstag, also nicht arbeiten d.h. ich habe mehr Zeit. Zum zweiten: Morgen wird es den ganzen Tag regnen, heute wäre der Wind perfekt gewesen (Westwind mit 3 bis 4 Bft.) und zum dritten: Montag muss ich wieder arbeiten, d.h. nur ein eingeschränkter Segeltag. Also ein richtig verlorener Tag. Ich versuche das beste daraus zu machen. Nach einer langen Dusche, wieder einmal rasieren, gehe ich verschiedene Einkäufe erledigen. Ich verlängere das Kabel vom 12/24 Volt Konverter damit ich Starlink abends ausstecken kann und dieser somit keinen Strom verbraucht.

Hudiksvall

Mein Energie-Management

Damit komme ich zu meinem Energie-Management. Vor zwei Tagen, nach meinem ersten Arbeitstag, war ich noch recht euphorisch was meinen Stromverbrauch und die Akkus betrifft. Ich hatte für diese Reise ja meine Energieversorgung geplant, umgebaut, erweitert (siehe Blog-Beiträge dazu).

Nun wäre ich fast auf Null gelaufen und hätte dann keine Unterstützung durch meine ganzen Navi-Instrumente mehr gehabt. Angefangen von Windanzeige (noch verzichtbar wie auch Logge), über Lot (kann schon kritisch sein) über Plotter (elektronische Seekarte, da wird es schon kritisch). Ich habe zwar alle Seekarten auch auf Papier dabei. Aber bei 4 bis 5 Bft. Einhand von Hand steuern (Pinnenpilot geht dann ja auch nicht mehr) und auf Seekarten schauen – schwierig. Und Funk für den Notfall wäre dann auch nicht mehr gewesen. O.k. da ich in der Nähe von Land bin, hätte ich im Notfall noch das Handy gehabt. Aber etwas beunruhigt hat mich das schon.

Deshalb habe ich den Nachmittag genützt, noch einmal mein Energie-Management zu rekapitulieren. Jetzt hatte ich ja aufgrund der Geräte (Solar-Laderegler, Batterie-Monitor) und der Verbraucher die ich jetzt kenne konkrete Werte mit denen ich rechnen kann.

Stromverbrauch Segeltag

Egal ob ich nun einen reinen Segeltag oder einen Arbeitstag betrachte – mein Stromverbrauch liegt bei etwa 200 Ah. Das ist genau die Kapazität meiner LiFePo-Batterien. Noch etwas höher ist der Stromverbrauch bei einem Arbeits-/Segeltag. D.h. ohne Stromzufuhr sind beide Akkus in einem Tag leer.

Meine Ausbeute an Solarstrom dazu ist etwas ernüchternd. Das liegt auch daran, dass das Wetter die letzten Tage eher schlecht war. An einem guten Sonnentag kann ich 40 bis 50 Ah gewinnen. D.h. ich muss in Zukunft für Tage ohne Landstrom noch besser das Wetter im Blick haben. Zwei Tage ohne Landstrom und schlechtes Wetter bringen mein Energie-Management an die Grenze. Bedeutet auch, dass ich dann sorgsamer mit dem Energieverbrauch umgehen muss. Eine erste Maßnahme war heute die Verlängerung des Kabels vom Starlink damit ich das Abends bequem ausstecken kann. Bisher hatte ich das sorglos immer laufen gelassen.

Weiterer Gedanke: An Tagen ohne Landstrom den Laptop nur nützen wenn notwendig (zum Arbeiten). Bei den anderen Verbrauchern kann ich nicht mehr einsparen.

Meine Ausbeute an Solarstrom

Ein Wort zum Wetter…

Bisher habe ich das Wetter ja eher nebenbei erwähnt. Aber dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass es die letzten Wochen nicht so toll war. Ich telefoniere täglich mit meiner Frau und inzwischen habe ich wieder Kontakt mit meinen Arbeitskollegen. Während Deutschland wohl gefrustet ist über Dauerhitze (35 Grad), keine Abkühlung und kein Regen bin ich langsam etwas gefrustet über das Wetter hier auf meiner Reise.

Die Tage hatte ich noch einmal einen Teil des Videos der SY Müggele auf Youtube gesehen da das der Teil ist, auf dem ich gerade unterwegs bin (ich meine Folge 8). Also entweder hatten die extrem Glück mit dem Wetter oder ich habe extremes Pech. Sie hatten eigentlich keinen Regentag, fast immer den richtigen Wind und meist kaum Welle.

Ich hatte die letzten Wochen fast nur scheiß Wetter, scheiß Wind oder/und scheiß Welle (Entschuldigung wegen der Vulgärsprache – aber ich muss es schreiben, wie ich es empfinde). Das Verhältnis Urlaubstage zu Segeltage ist einfach nur schlecht. In 35 Urlaubstagen hatte ich 17 Segeltage.

Heute hatte ich den Hafenmeister darauf angesprochen, dass ich der einzige Gast bin. Er meinte das es ab nächste Woche wohl mehr werden – da soll das Wetter besser werden. Ich versuche optimistisch zu bleiben und sage mir „Die Hoffnung stirbt zuletzt“… oder anders gesagt: „Dein Wort in Gottes Ohr“

Fortsetzung folgt auf jeden Fall – irgendwohin muss ich ja – ob Nord oder Süd

Dienstag, 24. Juni 2025

Es zehrt an den Nerven… Wir haben bzw. hatten jetzt zwei Tage auszusitzen hier in Öregrund. Da ich das Thema mit meiner Lichtmaschine habe, recherchiere ich, welche Lichtmaschine ich benötige. Ich habe einen Volvo Penta MD2001 aus 1991 (oder 1992). Die Lichtmaschine als Originalteil gibt es seit langem nicht mehr. Aber zahlreiche Nachbauten. Nur welche ist die richtige? Und wo bestellen? Alleine dies beschäftigt mich Stunden. Beim Lieferanten noch einmal versichern, ob die ausgewählte Lima wirklich passt. Dann Klärung wegen Versand nach Schweden. Was mir jetzt fehlt, ist eine Anlieferadresse. Unser Plan für die kommenden Tage sieht zuerst eine Ankerbucht und dann den Hafen von Gävle vor. Also Gästehafen Gävle versucht anzurufen – nimmt niemand ab. Mail geschrieben, keine Antwort. Der Gästehafen wird von der Kommune (Stadt) verwaltet (am späten Nachmittag kam dann eine Antwort. Da hatte ich die Lima schon mit der Adresse des Segelclubs bestellt.

Die Suche einer Anlieferadresse

Weitere Recherche – Frage in der Facebook-Gruppe „Schwedenfreunde“ gestellt, auch ob es so etwas wie „postlagernd“ in Schweden gibt. Gibt es wohl nicht. Dann Antworten, die nichts mit meiner Frage zu tun haben (das nervt mich immer gewaltig). Dann ein Tipp von dem älteren Seglerpaar welches ich in Kalmar kennengelernt hatte. Etwas nordöstlich von Gävle gibt es einen Segelclub. Sie senden mir Infos mit einer Telefonnummer. Doch die stimmt wohl nicht mehr. Wieder neu recherchieren. Auf der Facebook-Seite des Segelclubs eine neue Telefonnummer gefunden. Kurz angerufen – nach zwei Sätzen legt dieser auf und blockiert weitere Anrufe. Dann in meinem Hamnguiden geschaut. Neue Telefonnummer gefunden. Endlich klappt die Kommunikation. Die Frau gehört aber wohl zum Restaurant, nicht zum Segelclub. Sie meint ich kann die Adresse versuchen, die ich im Internet gefunden habe. Also Lima bestellt. Jetzt bleibt nur hoffen, dass das klappt.

Anmerkung für Besserwisser

Ja, ich weiß, dass es sein kann (vielleicht sogar wahrscheinlich ist), dass nur der Laderegler der Lima defekt ist und ausgetauscht werden muss. Aber: welchen Laderegler ich benötigen würde, würde ich erst sehen, wenn ich die Lima und den Laderegler ausbaue (Teilenummer auf dem Laderegler). Erst dann könnte ich einen Laderegler bestellen. Sollte sich dann herausstellen, dass es nicht nur der Laderegler ist, habe ich umsonst einen Laderegler bestellt und verliere noch einmal weitere Tage, um eine Lichtmaschine zu bekommen. Ich habe keine Lust deshalb zwei Wochen in einem Hafen zu verbringen. Deshalb war es ja auch mein Ansinnen, einen Hafen als Anlieferadresse zu suchen, den ich in den nächsten Tagen erreichen werde und nicht in einem Hafen nach der Adresse zu fragen und dann dort ggf. 4 Tage auf ein Paket zu warten.

Um dieses Teil geht es – das ist die Lichtmaschine. Über den Keilriemen wird sie angetrieben und erzeugt Strom

Hafen Öregrund

In Öregrund soll im Sommer der Bär steppen. Zahlreiche Lokale säumen sich um den Hafen und im Sommer soll es hier laute Musik bis spät in die Nacht geben. Der Hafen ist dann laut anderen Deutschen, mit denen ich kurz gesprochen habe, rappelvoll. Miss Sophies Kennzeichen KN 53989 fällt auf. Das Paar ist aus Friedrichshafen und hat ein Motorschiff an der Ostsee liegen.

Öregrund wurde 1491 von den Einwohnern Osthammar gegründet deren Hafen aufgrund der Landhebung zu flach wurde. Öregrund ist der einzige Ort an Schwedens Ostküste, an dem man den Sonnenuntergang in der Ostsee beobachten kann. Der Ort ist bekannt als eine der am besten erhaltenen Holzstädte des Landes weshalb er im Sommer viele Touristen anzieht. Der Hauptteil der Bebauung stammt noch aus dem 18. und 19. Jhd.

Der Hafen bzw. die Sanitäranlagen sind nicht der Hit. Toiletten aus Edelstahl und eine Wanne als Pissoire auf der Herrentoilette haben etwas Bahnhofscharakter. Waschmaschine und Wasser am Steg müssen extra bezahlt werden – das ist eher nicht üblich.

Im Hafen kachelt es immer noch mit gut 20 Knoten und es regnet. Eben kam ein kleines Segelboot mit Außenborder aus der Richtung Väddö-Kanal. Kurz vor dem Hafen fällt der Außenborder aus. Zum Glück ist die Hafenmeisterin noch da die schnell ein Schlauchboot hinaus schickt, um den Havaristen sicher in den Hafen zu bringen. So schnell kann es gehen…

Endlich geht es weiter…

Mittwoch, 25. Juni 2025

Zwei Tage Zwangspause können lang sein. Insbesondere, wenn man sich mit so unliebsamen, zähen Dingen beschäftigen muss wie ich es musste.

Das nächste Ziel ist Gävle. Dort könnte mein Bekannter einen Schnellzug nach Stockholm nehmen. Allerdings sind das gut 50 sm und der Wind ist für den Tag nicht besonders gut vorhergesagt. Anfangs 10 – 15 Knoten aus NNW, später drehend Richtung NW bzw. West und stark abschwächend. Also wird ein Ziel dazwischen gesucht. Es gibt zwei Optionen – eine kleine, vorgelagerte, flache Insel auf deren Südseite es zwei Bojen vom SXK hat. Die Bojenflagge habe ich aber die fehlende Abdeckung gefällt mir nicht. Zweite Option ist die Ankerbucht Rödhall-Måsörarna. Was mir an dieser nicht gefällt: Sie ist nach Norden offen und hat zahlreiche Steine unter Wasser. Trotzdem entscheide ich diese anzusteuern. Das war wie die Wahl zwischen Pest und Cholera. Aber die Windvorhersage sagt Nordwest – dann sollte die Bucht genügend Schutz bieten.

Die See hat sich relativ beruhigt. Es steht aber immer noch eine kabbelige Welle die sich erst etwas gutmütiger zeigt, nachdem wir etwas aus dieser Art Bucht bei Öregrund sind. Der Wind kommt wie vorhergesagt mehr oder weniger von vorne. D.h. gegenan kreuzen. Mein Bekannter hatte sich am Vorabend noch mit einem deutschen Segler im Hafen von Öregrund unterhalten. Er ist mit einer Ecume de Mer mit Ziel Haparanda unterwegs. Er hatte etwa 1 Stunde vor uns abgelegt. Bald haben wir ihn eingeholt. Sein Boot tut sich auf der Kreuz schwer.

Wie angekündigt lässt der Wind im Laufe des Nachmittags nach und kommt jetzt weiter aus NW – die Richtung in die wir möchten. Gleichzeitig jetzt eine langgezogene Welle die immer wieder unter dem Boot durchrollt. Mehrere Segler kommen uns entgegen bzw. fahren an uns vorbei – ohne Segel nur unter Maschine.

Etwa 10 sm vor dem Ziel entscheide auch ich die Segel zu streichen damit wir noch zu einer normalen Zeit ankommen. Die Einfahrt zur Bucht ist nicht einfach. Andererseits markiert der leichte Schwell die Einfahrt. In die Bucht geht es dann im Standgas. Auf Orca finden sich überhaupt keine Details. Aber anhand der Navionics-Karte kann ich mich ganz gut orientieren. Schließlich fällt der Anker auf 4 – 5 Meter Wassertiefe und fast 20 Meter Kette werden ausgebracht. Anker eindampfen und Ankeralarm stellen. Gegen Morgen soll der Wind wieder auffrischen.

Herrliche Ankerbucht und wir haben sie für uns ganz allene
Stimmung in der Ankerbucht um 23 Uhr. So richtig dunkel wird es derzeit nicht

Die Nacht ist unruhig

Ich habe mich noch nicht daran gewöhnt, vor Anker zu liegen. Obwohl ich eine Ankerkralle gesetzt habe (das ist eine Entlastung bzw. Entkoppelung der Ankerkette vom Boot) sind es andere Geräusche als wenn man im Hafen liegt. Und da ist immer die Sorge, dass der Anker hält. Erst gegen Morgen finde ich einigermaßen Schlaf. Dann, plötzlich, ein lautes Geräusch. Aufgesprungen und zur Ankerkette. Die Ankerkralle ist weg. Also richtig weg. Sie liegt wohl in 5 Meter Tiefe. Palstek – was ein doofer Knoten. Unter Wassersportlern sehr beliebt, weil er sich leicht lösen lässt. Aber ohne Belastung kann es passieren, dass er von selbst aufgeht. Also Ankerkette provisorisch auf die Klampe und noch zwei Stunden schlafen.

Donnerstag, 26. Juni 2025

Dann geht es los. Wieder einmal die Diskrepanz zwischen dem Routenvorschlag von Orca und der Realität. Laut Orca sollte die Windrichtung passen, um alles segeln zu können. Doch zuerst einmal Anker lichten. Mit etwas Gas im Vorwärtsgang lässt sich der Anker lösen. Dann erst einmal unter Motor raus aus der Ankerbucht und um eine Ansammlung von Steinen herum. Danach Kurs Richtung Gävle also Nordwest. Wieder einmal Wind aus Nordwest. Also muss zuerst die Maschine weiterlaufen. Dazu eine unangenehme Welle, die immer wieder mit etwa 1 Meter Höhe unter dem Boot durchrollt. Nichts für einen schwachen Magen.

Erst langsam dreht der Wind auf Nord und später auf Nordost und zuletzt auf Ost (das, was eigentlich angekündigt war) und wir können die Fock setzen und auf den Motor verzichten. Da der Wind eben sehr von hinten kommt und immer noch diese Welle ärgert, ist hier die Fock die bessere Wahl. Patenthalsen hatte ich genug. Die Einfahrt Gävle ist teils eng durch Fahrwassertonnen begrenzt. Es geht aber weiterhin alles gut unter Segel. Nach dem Passieren der ersten Inseln ist auch die Welle weg.

Bevor der Kurs Richtung Gävle gesetzt werden kann, müssen einige unter Wasser liegende Steine umrundet werden

Gäfle erscheint als moderne Industriestadt. Ganz anders als die Städte, die ich bisher an der schwedischen Ostküste gesehen habe. Die Stadt wurde 1446 gegründet (älteste Stadt Norrlands) und brannte mehrfach nieder, zuletzt 1869. Lange Zeit war Gävle eine stapelstad, also eine Stadt, die das Recht zum internationalen Handel besaß.  U.a. gibt es hier ein großes Unternehmen der Papier- und Verpackungsindustrie weshalb am Eingang der Bucht die Holzlager gleich auffallen.

Miss Sophie in Gävle

Eingangs, vor der Stadt, liegt ein Sportboothafen. Doch zum einen verlässt mich am nächsten Tag mein Bekannter Richtung Heimat (d.h. er muss auf den Zug) und zum anderen möchte ich in Gävle noch einkaufen (hier gibt es einen Lidl). Also steuern wir die Liegeplätze im Zentrum an. Alles sehr neu gemacht. Neue Sanitäranlagen (mit Sauna) und neue Stege. Einzig was stört: Hinter der Brücke liegen einige Motorboote die hier gerne etwas zu schnell fahren und damit für ordentlichen Schwell sorgen. Alleine das wäre für mich Grund genug, diesen Liegeplatz nicht mehr anzusteuern (außer wegen Crew-Wechsel).

Ein weiterer (Regen-) Ruhetag

Der heutige Regen- bzw. Ruhetag war nicht ganz so dramatisch. Zum einen wollte ich noch einkaufen (in Gävle gibt einen Lidl) und ich wollte noch bei einem Marineshop vorbei der gleich beim Lidl um die Ecke ist. Einziger Wermutstropfen: Heute regnet es und es sind fast 4 km zu Fuß dorthin. Die Busverbindung ist nicht sonderlich gut. Also Segeljacke an und losgelaufen. Vor dem Marineshop dann Frust – geöffnet von Montag – Donnerstag. Heute ist Freitag. Also der Weg war umsonst. Aber der Einkauf bei Lidl war wenigstens erfolgreich.

Morgen geht es dann unter Motor rüber zum Segelclub Gävle. Das sind nur 5 sm. Heute bei dem Regen wollte ich das nicht machen da das Fahrwasser hier stellenweise sehr eng ist und links und rechts davon wird es sofort richtig flach. Und dann hoffe ich einmal, dass meine Lichtmaschine morgen ankommt. Ansonsten werde ich dort bis Montag wohl warten müssen. Das wären dann wieder zwei verlorene Tage…

Update von Nord Post

Am Morgen prüfe ich den Sendungsstatus meines Pakets. Jetzt ein Update von Nord Post: Voraussichtlicher Zustelltermin ist Dienstag, 1. Juli. Das ist doppelt doof. Zum einen weil ich jetzt zwei Tage mit Warten und Nichtstun verbringe und zum anderen weil dies meine letzten Urlaubstage sind.

Am 1. Juli muss ich wieder arbeiten. Zwar reduziert und auf dem Boot aber trotzdem werde ich ab 1. Juli nicht mehr den vollen Tag zum Segeln zur Verfügung haben. D.h. ich muss da auch erst einmal sehen, wie sich beides arrangieren lässt. Und für Mittwoch und Donnerstag nächste Woche ist schon wieder Regen vorhergesagt.

Für den heutigen Tag mache ich erst einmal das Beste daraus. Ich ändere meinen Plan und schaue mir heute Gävle an. Gävle würde ich nicht als besonders sehenswert bezeichnen. Es ist vor allem eine Stadt zum shoppen mit vielen Geschäften und einer großzügigen Fußgängerzone. Was sehr schön ist, ist der Weg vom Hafen in die Stadt entlang des (oder der?) Gavleån.

Inzwischen bin ich der einzige Gastlieger hier. Also nütze ich die Gelegenheit und heize ganz für mich alleine die Sauna ein. Dann gehe ich noch in den nahegelegenen Coop, um ein paar frische Sachen einzukaufen. Sollte es das Wetter zulassen, plane ich dann nächste Woche vermehrt an den blauen Bojen des SXK festzumachen.

Wie es weitergeht erzähle ich dann im nächsten Teil…

Was ein scheixx Tag…

Donnerstag, 19. Juni 2025

Gestern dachte ich noch – 25 sm bis Grädö, locker zu schaffen. Pustekuchen. Der Morgen begann noch sehr gut. Fast windstill in der Ankerbucht. Anker konnte gut gelöst werden. Kette recht sauber, der Anker voll Schlamm. Drei, vier Mal ins Wasser getaucht und er war sauber. Problemlos von der Ankerbucht abgelegt. Dann wieder raus. Richtung Gräddö war ich jetzt in den Außenschären. Wenig Schutz. Der Wind blies mir wieder einmal genau entgegen. Von wegen – was haben mir viele erzählt, dass man hier fast immer Südwest oder West hätte und das Problem das Zurückkommen wäre. Ich habe genug von diesem NNW und NNO.

Doch was hilft es. Mein Bekannter ist im Flugzeug bereits unterwegs nach Stockholm Arlanda. D.h. ich muss dort hin. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber an diesem Tag stirbt sie recht früh. Der Wind nimmt stetig zu. Höhe Blidö versuche ich einmal das Großsegel zu setzen. Doch gleich nimmt der Wind noch mehr zu und bläst mit 25 Knoten. Auf dem Bodensee würde ich das noch locker segeln. Aber hier fühlen sich 25 Knoten wie 7 Bft. auf dem Bodensee an. Hier kommt eben dann noch die Welle dazu, die immer wieder krachend über die Sprayhood schlägt. Schon nach kurzer Zeit hole ich mit größter Anstrengung das Großsegel wieder runter. Es macht keinen Sinn, da ich das Boot kaum kontrollieren kann. Hier fehlt mir jetzt das zweite Reff, das ich dringend instand setzen sollte. Die Reffleine ist so alt, dass sie nicht mehr zu gebrauchen ist.

Also wieder Motor an und gegen den Wind kämpfen. Es ist fast wie am ersten Tag vor Sassnitz. Die Welle ist nicht ganz so hoch. Dafür ist die Strecke länger. Währenddessen mache ich mir Gedanken zu Gräddö. Der Hafen ist nach Norden vollkommen offen. Es gibt zwei vorgelagerte Inseln. Aber ich merke hier draußen, dass auch die Inseln kaum Abdeckung bieten. Sie sind einfach zu niedrig oder der Wind einfach zu kräftig. Inzwischen bläst es mit 28 Knoten. Miss Sophie kämpft mühsam mit 2,5 Knoten gegen den Wind. Ich zähle jede zehntel Seemeile und hoffe bald zwischen Gräddö und den vorgelagerten Inseln zu kommen.

Im Fjord Richtung Nörrtalje – Endlich etwas Beruhigung

Ich lege einen neuen Plan fest. Auch wenn es lange 10 sm sind, entschließe ich meinen Bekannten in Norrtälje aufzunehmen. Hier sollte es geschützt durch die Bebauung besser sein. Schon im Fjord kommt die Erleichterung. Wenigstens die Welle ist weg auch wenn der Wind immer noch mit 15 bis 20 Knoten bläst. Aber jetzt von halb und nicht mehr von vorne. ETA 1830. Im Gästhamn liegen kaum Boote. Drei deutsche Segelyachten und ein paar Schweden. Der Steg, an dem ich mit Heckboje anlege, ist vollkommen leer. Wann ist in Schweden Segelsaison?

Ich bin von dem Tag vollkommen k.o. Weniger körperlich, mehr geistig. Ständig Sorge, ob der Sprit noch reicht. Mit so vielen Motorstunden hatte ich nicht gerechnet.

Mein Bekannter ist am Steg und hilft beim Anlegen. Dann gehen wir etwas Essen. Norrtälje ist eine kleine feine Stadt mit einigen älteren schön renovierten Häusern und einer sehr gepflegten Innenstadt. Die Sanitäranlagen sind o.k. Aber die Liegeplatzgebühren schon gehoben. Auch wieder fast 400 SEK.

Lessons learned….

Wenn du jemanden an einem bestimmten Tag an einem bestimmten Ort abholen musst, dann plane einen Tag Reserve und rechne damit, dass es nicht läuft wie gewünscht.

Was ein toller Tag…

Freitag, 20. Juni 2025

Noch am Abend werden Windfinder und Wetterbericht studiert. Mein Bekannter möchte gerne segeln. Ja, verstehe ich. Aber hier geht es um das Ankommen. Deshalb meine Entscheidung: Unter den Windbedingungen (sollten nicht anders als am Vortag sein) und der Tatsache, dass es draußen überhaupt keine vorgelagerten Inseln gibt, fällt meine Entscheidung Richtung Väddö Kanal. Aber zuerst wird einmal getankt – etwa 35 Liter für 600 SEK.

Im Fjord können wir noch segeln da wir Richtung Osten unterwegs sind. Der Wind kommt wieder aus NNO. Bei Storholmen biegen wir ab und haben den Wind gegenan. D.h. die Maschine muss uns voran bringen. Nach Björhövda Richtungswechsel – neuer Kurs NW und wir können wieder die Segel setzen. Keine einzige Welle. Hier, geschützt, haben wir zwischen 7 und 15 Knoten. Kurz vor dem Väddö Kanal bergen wir die Segel. Durch den engen Kanal (teilweise nur etwa sieben Meter breit) geht es mit Motorkraft. Zuerst geht es unter einer Brücke mit 18 Meter Durchfahrtshöhe. Auch wenn wir mit etwa 14 Meter noch 4 Meter Luft haben, erscheint es immer knapper je näher man kommt.

Erste Brücke mit 18 Meter Höhe

Dann bald die erste (südliche) Brücke auf deren Öffnung wir warten müssen. Sie öffnet jeweils zur halben Stunde. Die Landschaft ist einzigartig. Am Ufer sehen wir immer wieder Familien, die heute Mittsommer feiern. Der Mittsommertag wird offensichtlich vor allem mit der Familie gefeiert. Es sind große Gruppen mit 10 bis 20 Personen die auch immer wieder winken und rufen. Alle sind in ausgelassener Feierlaune.

Kurzer Schreckmoment

Wir genießen die Landschaft, schauen links und schauen rechts. Dort schöne Häuser, dort Rinder, die direkt am Ufer laufen. Auf einmal ein Geräusch, das nicht zum segeln gehört – „Ratsch“. Blätter und Astreste fallen auf das Deck. Ein geschockter Blick nach oben. Die Mastspitze der Miss Sophie fährt gerade durch einen Baum. Ich könnte über mich selbst fluchen. Wie oft habe ich die Videos der SY Müggele auf Youtube gesehen. Ich habe noch den Kommentar in Erinnerung: „…. nur auf die Bäume muss man achten da sie teilweise in den Kanal ragen…“. Bangender Blick nach oben und auf das Triton 2 Display. Wie steht es um die elektronische Windanzeige? Glück gehabt – kein Schaden genommen.

Bald erreichen wir die zweite (nördliche) Brücke, die jeweils zur vollen Stunde öffnet. Hält man sich an die vorgegebenen 5 Knoten Höchstgeschwindigkeit, passt das ziemlich genau. Nach der zweiten Brücke geht es nur noch wenige Kilometer bis wir den Gästehafen Älmsta erreichen. Auch hier wieder: viele leere Liegeplätze. Eine deutsche, eine finnische Segelyacht und ein schwedisches Motorboot. Später kommt noch eine deutsche Segelyacht dazu. Hafengebühr wieder knapp 400 SEK. Das geht ins Geld.

Aber dieser Tag macht den vorherigen vergessen. Ein Traumtag.

Wir besprechen noch den Weiterweg bevor wir uns im Rahmen der Möglichkeiten kulinarisch verwöhnen. Morgen Nachmittag soll es draußen dann wohl bis zu 30 Knoten haben – aus Nord. Das Ziel ist also einen Hafen zu finden, der nicht allzu weit entfernt ist und der gut gegen Nord geschützt ist. Die Wahl fällt auf Grisslehamn. Das sind knapp 10 sm.

Bei der ersten Brücke mussten wir kurz auf die Öffnung warten

Nächster Tag, neuer Plan – Hafentag

Samstag, 21. Juni 2025

Die einzige Option, die ggf. für heute in Frage gekommen wäre, wäre Grisslehamn gewesen. Vom Hafenmeister erfahre ich, dass heute dort ein Event mit zwei DJs ist. Der deutsche Nachbar am Steg meint, dass es dort keine freien Liegeplätze geben würde. Außerdem gibt mir der Hafenmeister die Info, dass 500 SEK für den Gastplatz verlangt werden (das sind etwa 45 Euro). Bereits am Morgen hat der Wind kräftig zugenommen und kommt aus Nord. Wir müssten alles gegenan unter Motor fahren da der Väddö Kanal ja noch ein Stück geht. Bringen würde es nur etwa 10 sm. Also neuer Plan: Wir bleiben hier. Hier sind wir einigermaßen geschützt vor dem Sturm, der für heute Nachmittag draußen angesagt ist. Deutscher Wetterdienst sagt für die nördliche Ostsee 6 Bft. und Welle bis 2 Meter. Das brauche ich nicht. Morgen soll es sich beruhigen.

Selbst hier bläst es teilweise mit über 20 Knoten – das macht draußen keinen Spaß

So kümmere ich mich etwas um meine Elektrik. Mein Elektriker vom Segelclub gab mir die Aufgabe, ein paar Messungen zu machen. Es gibt den Verdacht, dass die Lichtmaschine die Starterbatterie nicht lädt. Im Hafen mit hoher Drehzahl getestet. 12,5 Volt. Das ist zu wenig. Sicherung nach der Lichtmaschine geprüft – ist i.O. Rätselraten. Im Moment fällt mir und ihm nichts ein. Ich prüfe morgen noch einmal unter Fahrt.

Dann NMEA-Kabel am Triton 2 getauscht. Das Display nervt langsam. True Wind Speed und True Wind Direction funktionieren jetzt. Ursache war der Pinnenpilot. Der brauchte ein Update. Aber der Kabeltausch hat nicht das Problem „Geht, geht nicht“ gelöst. Ich bin langsam echt genervt von dem B&G Kram. die App auf dem iPad funktioniert auch nicht richtig. Synchronisation mit dem Vulcan 7 geht nicht. Meldung an den Support aus dem Vulcan 7 geht auch nicht, obwohl der Plotter über Starlink mit dem Internet verbunden ist.

Derweil führe ich in GPX-Studio einmal meine bisherigen Tracks zusammen während in der Laundry meine Wäsche wäscht. Bisher habe ich etwas mehr als 500 sm hinter mir. Das in 12 Segeltagen ergibt bisher einen Schnitt von etwa 35 sm täglich.

Meine bisherige Route

Wo ist denn der vielbesagte Südwest-Wind?

Wie viel hatte ich darüber gelesen und gehört, dass es hier immer Südwest, Süd oder Südostwind hätte. Das Problem wäre nicht, in den Norden zu kommen. Das Problem wäre das zurück kommen.

Ich hatte bisher fast nur nördliche Winde. Immer wieder gegenan. Die Planung für die nächsten Tage ist schwierig. Ein Tiefdruckgebiet jagt das nächste. Dienstag und Mittwoch ziehen sie genau dort durch, wo wir unterwegs sein werden. Deshalb entsteht der Plan, als nächstes Öregrund anzusteuern. Gerne hätte ich an einer Schäre oder einer blauen Boje des SXK angelegt. Doch sollte sich das Wetter so bestätigen, würden wir zwei Tage ohne Hafen und ohne Versorgung festhängen. Wäre grundsätzlich kein Problem. Alle Batterien sind voll und in den Backskisten gibt es genügend Proviant und Wasser. Aber Spaß macht das nicht.

Nächstes Problem….

In Oskarshamn hatte ich das erste Mal Probleme mit der Starterbatterie. Ich schob das darauf, dass ich am Abend zuvor vergessen hatte, den Hauptschalter der Starterbatterie nicht ausgeschaltet zu haben. Mein Elektriker vom Segelclub hatte mir noch die Aufgabe gegeben, einige Messungen durchzuführen um zu prüfen, ob alle Batterien von den jeweiligen Stromquellen richtig geladen werden. Solar ist gut. Landstrom ist gut. Starterbatterie ist schlecht. Es kommt kein Strom von der Lichtmaschine. Sicherungen geprüft – alle o.k. Direkt an der Lichtmaschine gemessen – kein Strom. 9,5 Volt bei guter Motorfahrt mit 5 Knoten. Fazit: Die Lichtmaschine ist offensichtlich hinüber. D.h. überlegen – wo in Schweden eine Lichtmaschine bestellen. Wohin bestellen. Den Austausch der Lichtmaschine traue ich mir zu. Wird zwar (für mich) ein Tag Arbeit sein. Aber zu bewältigen. So lange die Nacht im Hafen verbracht wird, kann ich mit Hilfe von Landstrom und Batterieladegerät die Starterbatterie jeweils wieder aufladen. Aber das ist nicht das Ziel.

Nächstes Ziel – Öregrund

Sonntag, 22. Juni 2025

Das Wetter passt am Morgen. Der Starkwind ist durch. Es bläst hier in Älmsta zwar immer noch etwas aber kein Problem. Die nächsten Seemeilen geht es noch etwas im Väddö Kanal, dann können wir abbiegen Richtung NW und die Segel gesetzt werden. Der Wind kam zuerst aus NNO. Segelbar. Im Laufe des Tages dreht der Wind auf O und am Ende auf SO. Ideal für unser Ziel Öregrund. 27 sm in 6h 45 min. Schnitt 4 Knoten. Das ist gut. Den ganzen Tag Sonnenschein. Aber die Luft ist noch kühl. Achja, und mittlerweile habe ich den 60. Breitengrad passiert.

Beim Anlegen in Öregrund dirigiert uns die Hafenmeisterin an den Platz. Wieder einmal Mooringleine. Passt mir inzwischen ganz gut. Wir werden zwischen zwei schwedischen Yachten gequetscht. Miss Sophie macht sich dünn und passt gerade so hinein.

Segeln zwischen den Schären
Angekommen in Öregrund

Wieder abwettern…

Das nächste Tiefdruckgebiet kündigt sich an. Und es zieht genau über uns hinweg. Ich studiere Windfinder, Windy, Deutscher Wetterdienst und andere Wetterdienste. Man kann es drehen und wenden wie man will – wir werden hier wohl zwei Tage festsitzen. Nicht der schlechteste Ort. Es hat hier in Öregrund zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten. Die „Altstadt“ soll sehenswert sein. Aber es sind für mich zwei Tage, die ich nicht nach Norden komme. Dann wird das Thema Lichtmaschine noch einen Tag kosten. Ende nächste Woche werde ich wohl eine Entscheidung treffen müssen- noch weiter Richtung Norden oder wieder zurück Richtung Süden.

Das nächste Tiefdruckgebiet wird genau über uns hinweg ziehen

Von Nävekvarn bin ich relativ spät aufgebrochen. Ich war am Morgen noch etwas einkaufen für unterwegs. Windy hatte für den Tag relativ guten Wind aus Süd-Südost vorhergesagt und lt. Planung von Orca (meiner zweiten Navi-App) sollte ich in etwa 5 – 6 Stunden in Nynäshamn sein. Irgendwie kam ich sowie gerade selbst mit meiner eigenen Planung durcheinander denn im Nachhinein dachte ich noch Norrköping als Zwischenstopp auf dem Schirm gehabt zu haben. Aber egal…

Etappenziel Nynäshamn

Jedenfalls aus dem Hafen raus und Richtung Nordost. Erste Ernüchterung – der Wind kam aus Nordost. Also blieb mir nichts anderes übrig, als erst einmal die Maschine zu bemühen und dann einen Plan zu machen.

Kreuzen, hier zwischen den zahlreichen Inseln und Untiefen erschien mir nicht wirklich als Option. Vielleicht Höhe Oxelsund. Da sollte sich das mit den Inseln und Untiefen etwas lichten. Aber nach gut einer Stunde drehte der Wind langsam auf Südost und ich konnte einen schönen Am-Wind Kurs segeln. Auch nicht hart am Wind wodurch ich mit gut 6 Knoten voran kam. Wind kam mit etwa 15 Knoten. Voraussichtliche Ankunftszeit: 17:30 Uhr. Das war nicht schlecht (in dem Moment).

Vorbei an unzähligen Schären

Doch je länger der Tag um so mehr lies der Wind nach und drehte weiter nach Süd wodurch aus dem Am-Wind Kurs bald ein Raumwind-Kurs und zuletzt vor dem Wind wurde. Und das bei blöder Welle. Schmetterling segeln funktionierte wegen der Welle nicht wirklich. Die von Orca berechnete Ankunftszeit verschob sich immer weiter nach hinten. Ich hatte keine Lust nach 21 Uhr anzukommen auch wenn es inzwischen hier sehr lange hell ist. Deshalb wurde etwa 10 sm vor dem Ziel der Motor angeworfen. Nach etwa einer 3/4 Stunde kam der Wind (zwar nicht besonders stark) etwas raumschots, auch weil mein neuer Kurs jetzt Nordost war, weshalb ich die Fock als Unterstützung dazu nahm – Sprit sparen. Ich weiß, Segel und Motor ist nicht Gentlemen-like – aber wir sind hier nicht auf dem Bodensee… Hier ist ankommen das Ziel.

Hafeneinfahrt Nynäshamn

Gegen 20 Uhr kam ich an und legte neben einer schwedischen Familie an. Er sprang gleich von seinem Boot, um mir beim Anlegen zu helfen.

Jetzt hatte ich zu meiner eigenen Überraschung einen zusätzlichen Hafentag und konnte planen, mich in zwei Tagen mit meiner Tochter in Stockholm zu treffen. In Nynäshamn ist der Bahnhof in unmittelbarer Nähe zum Hafen und hier ist eine Endstation der SL Stockholm (Storstockholms Lokatrafik). Und hier fährt der sogenannte Pendeltåg (wohl ein Zug für Pendler). D.h. sehr häufig (jede Stunde oder so).

Den kommenden Tag (Sonntag) hatte ich dann einen Tag Zeit mich von den langen Schlägen der letzten Tage etwas zu erholen, einzukaufen, das Boot mal zu reinigen und in Ruhe die Planung für die weiteren Tage zu machen.

Daneben habe ich auch etwas Zeit, in diesem Blog-Beitrag auch einmal etwas außerhalb von meinen Tagestörns, über gesammelte Erfahrungen und „Lessons learned“ zu schreiben…

Alle hilfsbereit

Eine Erfahrung, die ich nicht nur in den letzten Tagen sondern auf dem gesamten Törn immer wieder sammelte: Es gibt hier unwahrscheinlich viele hilfsbereite Menschen. Das begann in der Marina Kröslin mit dem Problem mit meinem Toplicht wo die Mitarbeiter in der Werft suchten, ob sie vielleicht einen Ersatz finden. Ich weiß genau, wie das am Bodensee wäre: „Dein Problem, interessiert uns nicht“.

Beim Anlegen in Sassnitz bei 15 – 20 Knoten Wind mit dem Liegeplatznachbar und dem Einheimischen. Zu zweit haben sie uns geholfen das Boot zu fixieren. Hier in Nynäshamn sprang der Nachbar sofort von seinem Boot (auf dem er auch zwei kleine Kinder hatte), um mir beim Anlegen zu helfen.

Das ältere Ehepaar, welches ich in Kalmar kennengelernt hatte, das mir zahlreiche Tipps gab für Häfen, Ankerbuchten und Bojen des SXK (die Flagge habe ich und das Erlebnis wird auch noch kommen).

Heute der Nachbar aus Schweden am Liegeplatz, der mir zahlreiche Tipps gab für gute Anlegestellen auf dem Weg nach Norden, die ich nicht auf dem Schirm hatte und mir auch noch einen Tipp für das Winterlager geben konnte. Inzwischen habe ich drei gute Tipps für das Winterlager gesammelt und habe dann die Auswahl.

Was man dazu machen muss: Man muss mit den Menschen reden. Von seinen Plänen erzählen. In Fyrudden traf ich einen anderen deutschen Segler, der das offensichtlich nicht getan hat. Der willkürlich irgendeine Marina angeschrieben und nach einem Winterlagerplatz gefragt hat. für 4 bis 5 tausend Euro bekam er eine Info. Ich habe Infos für ein Winterlager deutlich unter 1000 Euro. Wie gesagt – man muss mit den Menschen reden.

Achtung Stein!

Ich hatte es oben schon geschrieben. Nach dem Ablegen in Nävekvarn mit dem Ziel Nynäshamn kam der Wind aus der falschen Richtung und die ersten 10 – 20 sm sollte ich zwischen zahlreichen Inseln und Untiefen unterwegs sein. Gerade die Untiefen muss man hier echt auf dem Schirm haben. Die Ostsee ist eine Pfütze – das soll nicht abwertend sein. Was ich sagen möchte: die Ostsee ist nicht tief – sie ist extrem flach. Das maximale, was ich bisher am Lot hatte, waren 60 bis 70 Meter. Hier, in den Schären sind es zwischen 10 und 20 Meter Wassertiefe.

Die Ostsee ist flach – wirklich flach

In Idö meinte der deutsche Segler, der mir auch beim Anlegen geholfen hatte, mein Manöver um die grüne Tonne wäre mutig gewesen (um nicht leichtsinnig zu sagen) – gleich dahinter hat es Steine.

Heute, in Nynäshamn, sah ich ein deutsches Segelboot, das auf einem Stein aufgesessen war. Die Hafeneinfahrt hier ist etwas tricky. Aber wer die Karte studiert und sich an der empfohlenen Einfahrt hält, wird keine Probleme haben. Östlich der niedrigen Hafenmauer gibt es keine Mauer und man könnte meinen, hier einfach abkürzen zu können, um in den Hafen bzw. heraus zu kommen. Aber grüne Tonnen weisen darauf hin, dass es hier ein Fahrwasser gibt. Das deutsche Segelboot hatte das wohl nicht studiert und meinte den kurzen Weg nehmen zu können. Prompt saßen sie auf einem Stein. Ich hatte mich beim Einfahren in diesen Hafen bewusst nahe den Stegen gehalten, weil ich das auf der Karte gesehen hatte.

Was ich als „Lessons learned“ weitergeben kann: Wenn es ein Fahrwasser gibt, sollte man sich die Situation außerhalb des Fahrwassers genau anschauen, bevor man dieses verlässt. Das kann abhängig vom Tiefgang unproblematisch sein, kann aber auch gefährlich sein.

In Schweden wird nicht geraucht…

Zugegeben, ich bin Raucher. Aber wenn ich in ein anderes Land komme, achte ich erst einmal darauf, wie die Gepflogenheiten diesbezüglich in dem Land sind. Was mir sofort im ersten schwedischen Hafen auffiel: In Schweden wird nicht geraucht. Ich habe jetzt in den etwa 14 Tagen in Schweden nur einen einzigen Menschen gesehen, der auf der Straße geraucht hat. Ich habe dann im Internet danach geschaut und erfahren, dass Schweden schon vor 2025 das Ziel hatte, bis 2025 das erste rauchfreie Land Europas zu sein. Und sie haben das Ziel vor 2025 erreicht (rauchfrei bedeutet, dass weniger als 5% der Bevölkerung regelmäßig raucht). Was man (aber auch selten) sieht, sind E-Zigaretten. Ich habe auch praktisch keine Kippen auf dem Boden gesehen. In Gaststätten (auch außen!) ist das Rauchen verboten. Oft finden sich Schilder das hier oder im Umkreis von x Meter das Rauchen verboten ist.

Alkohol gibt es nicht so einfach…

Wer sein Anlegerbier aus der Bilge holen und trinken möchte, muss sich gut mit Vorrat eindecken. Denn Alkohol gibt es in Schweden nicht so einfach zu kaufen. Für den Verkauf von Alkohol gibt es spezielle Geschäfte – „Systembolag“ ist der Name. Nur dort darf Alkohol verkauft werden. Und auch nur an Personen älter als 20 Jahre. An der Kasse wird bei jungen Menschen auch der Ausweis verlangt (bei mir natürlich nicht). Viele Geschäfte und Lebensmittelmärkte haben Sonntags geöffnet – aber nicht die Systembolag. Manchmal wird einem in einem kleinen Ort ein Systembolag auf Google (Maps) angezeigt. Dabei handelt es sich aber um kleine Einzelhandelsgeschäfte die keine alkoholischen Getränke auf Vorrat haben. Vielmehr kann man online bestellen, um die Getränke dann dort abzuholen. Das ist eher für die Einheimischen gedacht. Also „Systembolag“ auf Google (Maps) bedeutet nicht zwingend, dass ihr dort Bier kaufen könnt.

Was die Preise betrifft: Es ist etwas teurer als in Deutschland. Aber nicht übertrieben. Etwa 20 – 30% teurer. Eine Dose Bier bekommt man für etwa 1,50 Euro. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass in Norwegen Alkohol wesentlich teurer ist (auch Bier).

Hamnguiden – die schwedischen Hafenführer

Die sogenannten „Hamnguiden“ sind „die“ Hafenführer für Schweden. Hier ist nicht nur jeder Hafen im Detail beschrieben sondern auch zahlreiche Ankerplätze, Anlegemöglichkeiten an Schären und an SXK-Bojen. Deshalb hatte ich mir im Vorfeld alle Hamnguiden der schwedischen Ostküste bestellt. Das sind Ringbücher etwa im DIN A4 Format und ein Hamnguiden kostet etwa knapp 80 Euro (in Summe hatte ich etwas als 1.000 Euro für Hafen-/Revierführer und Seekarten ausgegeben).

Der deutsche Segler in Idö machte mich dann darauf aufmerksam, dass es von den Hamnguiden eine App gibt und in jedem Hamnguiden findet sich am Ende ein Rabattcode zum frei rubbeln. Installiert man sich die App und nützt diesen Rabattcode, hat man alle(!) Häfen, die in den Hamnguiden gelistet sind, freigeschaltet. D.h. wenn man ein Tablett oder iPad hat, muss man eigentlich nur einen(!) Hamnguiden kaufen und hat damit alle anderen Häfen in der App. Und noch ein Plus-Punkt der App: Es gibt eine deutsche Übersetzung die relativ gut ist.

Liegeplatzgebühr

Ich hatte es unterwegs schon von dem einen oder anderen Segler gehört: In Schweden haben in den letzten Jahren die Preise erheblich angezogen. Vor fünf oder zehn Jahren war das noch wesentlich günstiger. Im Schnitt bezahlte ich knapp 30 Euro für den Liegeplatz. In manchen Häfen kann man entscheiden, ob man mit oder ohne Landstrom möchte. Macht etwa 5 Euro aus. Teilweise finde ich die 30 Euro o.k., wenn man sieht was enthalten ist. Z.B. in Kalmar oder Nynäshamn. Gute Sanitäranlagen, Waschmaschinen, Trockner, Sauna, Strom. Aber ich hatte auch einige Häfen, die das gleiche verlangten schlechte Sanitäranlagen, keine Waschmaschinen, keine Sauna etc. hatten. Spitzenreiter bisher ist Dalarö (bei Stockholm) mit 440 SEK – das sind etwa 40 Euro. Es wird Zeit, dass es etwas wärmer wird und ich ankern oder an SXK Bojen festmachen kann.

Zurück zu meinem Törn….

Nach diesem kleinen Ausflug zurück zu meinem Törn… Wie oben geschrieben, war ich jetzt einen Tag früher in Nynäshamn als ursprünglich gedacht. Den ersten Hafentag hatte ich wie geschrieben für verschiedenes genützt. Für den zweiten Hafentag hatte ich mich mit meiner Tochter und ihrem Freund für eine Tour durch Stockholm verabredet. Und da ist Nynäshamn für alle, die die nicht nach Stockholm hinein fahren möchten (wie ich), ideal. Denn unmittelbar hinter dem Hafen liegt der Bahnhof. Und hier fährt die Linie der SL (Stockholms Lokaltrafik). Für Touris gibt es ein 24 Stunden oder Mehrtagesticket mit dem man eigentlich alle öffentlichen Verkehrsmittel in Stockholm (U-Bahn, Bus, Fähren) nützen kann. Finde ich sogar noch besser als die Oyster-Card in London weil es einfach ein Fixpreis ist.

Ausflug nach Stockholm

Wer hier segelnd her kommt, sollte auf jeden Fall den Ausflug nach Stockholm machen. Es lohnt sich.

Zum Glück war meine Tochter besser vorbereitet als ich. Sie hatte einige schöne Spots herausgesucht. Den einzigen Beitrag, den ich leisten konnte, war das Vasa-Museum.

Saluhall (Markthalle) ein Paradies für Feinschmecker
Spezieller Blick auf den Königspalast
Vasa-Museum

Weiter geht’s Richtung Norden

Die Planung für den Weiterweg ist gerade etwas schwierig. Es ist Dienstag. Am Donnerstag soll ein Segel-Bekannter aus der Heimat dazu stoßen der in Stockholm Arlanda landen wird. Vor Stockholm hat es hunderte von Inseln, die natürlich nicht einfach mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden können.

Nynäshamn, meine letzte Station, war natürlich ideal. Aber ich wollte jetzt auch nicht einfach weitere drei Tage tatenlos herumsitzen und warten. Also begann die Suche nach Optionen Richtung Norden. Und da gibt es leider nicht viele. Norrtälje war einmal eine ursprüngliche Idee die ich aber inzwischen verworfen habe. Denn hier müsste ich von See kommend tief hinein fahren, etwa 10 sm (20 km). Das würde 2,5 Stunden unter Motor bedeuten. Und das gleiche dann wieder heraus.

Saltsjöbaden wurde mir mehrfach genannt. Doch von Saltsjöbaden bin ich jetzt nur noch 8 sm entfernt. Da würde ich zwei Tage sitzen, um auf meinen Bekannten zu warten und wäre kaum Richtung Norden weitergekommen. Kappelskär war eine Idee – doch den Hafen gibt es nicht mehr bzw. ist nicht mehr zugänglich für Sportboote.

Nach weiterer Suche bin ich doch noch fündig geworden – Gräddö. Ist zwar nicht so ganz ideal zu erreichen (mit dem Bus und dreimal umsteigen) aber es hat den Vorteil, dass ich weiter in den Norden komme und der Ort außen liegt, also kein unnötig langer Weg ins Land hinein.

Nächster Halt – Dalarö

In Nynäshamn hatte ich wieder das ältere Ehepaar getroffen, welches ich in Kalmar kennengelernt hatte. Sie meinten, ich solle doch Dalarö als nächstes ansteuern. Ein Blick in die Karte – 21 sm. Sollte ein gemütlicher Schlag sein. Also lies ich es gemütlich an. Noch einmal die Windsituation gecheckt – etwas kompliziert heute. Über Land kam der Wind aus Südwest. Über dem Wasser drehte er auf Süd. Heute sollte es durch die Schären gehen. Da hat man gerne beständigen Wind.

Kurz nach dem Hafen setzte ich das Großsegel und mit diesem ging es erst einmal Richtung NNO. Nachdem der Wind recht moderat und beständig erschien, die Ankunftszeit nach hinten rückte, wurde die Fock ausgerollt. Jetzt ging es wieder flott voran und der Pinnenpilot (Johann) machte weitgehend den Job. Aber ich hatte es schon geschrieben: Ich war jetzt im Großraum Stockholm unterwegs. D.h. mehr Verkehr. Mehrmals musste ich anderen Booten ausweichen, da diese Vorfahrt hatten. Backbord-Bug vor Steuerbord-Bug. Wobei ich nicht weiß, ob das die Schweden wissen.

Dazu dazwischen eine kleine Anekdote: In Nynäsham lag eine schwedische Familie mit einer Bavaria 30 neben mir und wir kamen am Morgen bevor sie ablegten noch kurz ins Gespräch. Ich fragte ihn, ob er die Bavaria neu gekauft hatte und er meinte nein, gebraucht vor ein paar Jahren. Anfangs wären sie nur mit dem Motor gefahren um einmal zu sehen, wie das so geht. Erst dann hatten sie einmal die Fock gesetzt und später dann auch einmal das Großsegel. Ich fragte ihn, ob man in Schweden denn keinen Segelschein oder so etwas benötigt. „Nein, einen Schein benötigt man nicht. Das habe ich mir selbst beigebracht“ meinte er. Seitdem halte ich lieber Abstand auch wenn ich auf Backbord-Bug segle.

Mittlerweile den 59. Breitengrad passiert

Der Wind drehte langsam und kam mehr und mehr achterlich und ich musste zwischen zwei Schären hindurch. Da es kaum Welle hatte war die einzig sinnvolle Entscheidung ein Stück weit wieder Schmetterling zu segeln – Großsegel auf die eine, Fock auf die andere Seite. So etwas muss man von Hand diffizil aussteuern damit es nicht zur Patenthalse kommt. Wäre man zu zweit, würde ein Crew-Mitglied sich jetzt darum kümmern, einen Bullenstander zu setzen (fixieren des Großbaums, um die Patenthalse zu vermeiden). Einhand geht das schlecht denn diesen Kurs kann Johann nicht gut segeln.

Schärensegeln – im wieder zwischen Inseln hindurch.

Nachdem ich genügend Raum gewonnen hatte, konnte das Großsegel wieder auf die Seite der Fock geworfen und etwas angeluvt werden. So ging es immer wieder zwischen zwei Schären hindurch. Wenige Seemeilen vor Dalarö wurde die Fock eingeholt. Der Wind hatte (wie so oft im Laufe des Tages) zugenommen. Nur mit dem Großsegel war ich fast so schnell wie mit der Fock (auf sehr raumen Kursen bringt das Focksegel nicht mehr viel Geschwindigkeit). In der Bucht vor Dalarö kachelte es – 5 bis 6 Bft. In der Mitte noch eine Untiefe mit 2 Meter die beachtet werden sollte. Also Maschine an, Boot in den Wind gesteuert und Johann sollte den Kurs halten damit ich das Großsegel bergen kann. Das läuft inzwischen ganz gut.

Meine Sorge war noch das Anlegen bei diesem Wind denn der Wind pfiff mir schon ordentlich um die Ohren. Ich rechnete beim Anleger eigentlich mit einem Wind von Backbord und suchte mir einen freien Anleger an steuerbord. Den entdeckte ich auch gleich und steuerte diesen an. Doch bei der Ansteuerung registrierte ich, dass der Wind hier nun plötzlich von hinten kam. Der Gashebel war sowieso zurückgelegt. Doch nun musste ich mit Vollgas den Rückwärtsgang einlegen um nicht mit hartem Knall den Steg zu begrüßen. Das gelang gerade noch so und Miss Sophie legte sich butterweich am Steg an. Herunter gesprungen und die erste Leine belegt. Wieder auf das Boot gesprungen, um die Heckleine zu belegen. Auch wenn es in dem einen oder anderen Moment noch Nervosität gibt, merke ich langsam die Routine die ich gewinne, auch schwere Situationen einhand zu bewältigen.

Festgemacht in Dalarä

Als ich in der Bucht vor dem Hafen unter Motor anluvte, um das Großsegel zu bergen, die 15 bis 20 Knoten Wind spürte, den „Hafen“ erst einmal so richtig realisierte, dachte ich: „was machst du jetzt, wenn aufgrund der jetzigen Wind-Situation der Hafen für dich einhand nicht anzusteuern ist?“. Plan B hat gefehlt. Auf der Fahrt in die Bucht vor dem Hafen sah ich ein Segelboot, das in der Abdeckung einer kleinen Insel vor Anker lag. Ein guter Platz bei diesem Wind. Doch für ein zweites Boot war die Insel zu klein. Andere gut geschützte Plätze waren mir auf dem letzten Stück nicht aufgefallen. Was ich heute gelernt habe: Ich muss mich im Vorfeld mit einem Plan B beschäftigten. Was, wenn der Hafen aus irgendwelchen Gründen nicht angesteuert werden kann? Draußen, auf offener See, ist das weniger ein Problem. Halbwind-Kurs, Johann machen lassen und in Ruhe die Karten studieren. Das habe ich schon mehrfach praktiziert. Hier in den Schären ist das alles (bei starkem Wind) viel zu eng. Da kann ich nicht einfach einen Halbwind-Kurs anlegen. Und wenn, dann bleibt oft wenig Zeit, sich Gedanken zu machen. Denn bei 15 bis 20 Knoten Wind rauscht Miss Sophie mit gut 6 Knoten voran.

Lessons learned…

Habe für den Hafen oder das Anlegen immer einen Plan B. Es kann sein, dass du nicht so oder dort anlegen kannst, wie du das vorab geplant oder gedacht hattest.

Ziel Grädö

Die Frage war, wo picke ich am besten meinen Bekannten vom Bodensee auf, der am Donnerstag in Stockholm-Arlanda landen sollte. Nynäshamn wäre natürlich für ihn ideal gewesen. Aber da hätte ich noch einmal zwei Tage tatenlos gesessen und Nynäshamn ist jetzt wirklich kein Tourismusziel. Der Segler, den ich in Kalmar kennengelernt und in Nynäshamn wieder getroffen hatte, meinte Saltsjöbaden wäre gut. Doch von Dalarö waren das nur gut 8 sm. Viel zu wenig Strecke nach Norden. Norrtälje hatte ich meinem Bekannten noch vor meiner Reise als mögliches Etappenziel genannt. Gut zu erreichen mit dem öffentlichen Nahverkehr. Doch schon in Kalmar hatte ich realisiert, was es bedeutet tief hinein zu fahren. Das sind (mit Einschränkung) vergeudete Stunden. Nach Norrtälje müsste ich gut 2 Stunden mit dem Motor tief ins Land hinein fahren. Und das gleiche müssten wir dann wieder raus. Am Eingang dieses Fjörd liegt Grädö. Nicht ganz ideal für meinen Bekannten. Er muss den Bus nehmen und zweimal umsteigen. Das Problem mit dem ÖPNV in Schweden: Es gibt nicht den einen Betreiber sondern viele. Das betrifft nicht nur die Busse, auch die Bahn wird von verschiedenen Unternehmen betrieben. Und man benötigt dann von jedem Unternehmen eine Fahrkarte. Da hier alles online abläuft (man kann im Bus nicht bezahlen), benötigt man vom jeweiligen Unternehmen die App für das Handy und muss dort das Ticket buchen.

Im Stockholmer Schärengarten

Durch den Stockholmer Schärengarten

In Dalarö blies der Wind am Morgen wieder mit gut 10 Knoten in den Hafen und ich lag ziemlich außen. Ein älterer Mann (noch älter als ich, lach) bot mir Hilfe an und hielt meinen Bug. Ich sagte ihm, dass ich einen Moment abwarte in dem der Wind etwas nachlässt. Dann Vollgas den Rückwärtsgang und erst einmal rückwärts aus dem Hafen an den Untiefen vorbei. Noch in der Bucht konnte ich das Großsegel setzen und den Motor ausmachen. Der Wind kam wieder nicht ganz so, wie es Windy meinte. Mehr von vorne. Aber es konnte noch gut gesegelt werden. So gut, dass ich schon bald auch die Fock dazu nehmen konnte. Heute ging es durch ziemlich viele Schären hindurch. Leider konnte ich den Kurs dann nicht mehr so halten, wie es sich der Routenvorschlag von Orca dachte (Orca hat wohl die gleichen Windmodelle wie Windy). Gleichzeitig nahm der Wind wieder zu und erreichte 17 Knoten. Nach drei Wenden im engen Schärengewässer nahm ich die Fock weg.

Mal wieder Rauschefahrt mit gut 6 Knoten am Wind

Inzwischen kam der Wind zunehmend von vorne. Dazu kamen jetzt noch Regenschauer. Mein Ziel für heute war eine Ankerbucht etwa 15 sm vor Grädö. Doch wie so oft wanderte die berechnete Ankunftszeit mehr und mehr nach hinten. Inzwischen hatte ich den Motor angeworfen. Ich war im breiten Gewässer und konnte Johann den Job machen lassen. Währenddessen suchte ich auf dem iPad im Hamnguiden und auf Orca nach Alternativen. Es sollte eine Bucht sein, die gut Richtung West und Nordwest geschützt ist. Schließlich fand ich etwas – Finhamns. Eine Ankerbucht, die sowohl von Norden als auch Süden angelaufen werden kann.

Im Regen ist dann nicht mehr viel zu sehen. Da lernt man GPS und Kartenplotter zu schätzen

Es lagen schon einige Boote vor Anker und so musste ich erst einmal die Lage prüfen. Weit genug von den anderen Booten weg wg. Schwojkreis (so wird das Drehen eines Bootes im Wind um den Anker oder einer Boje genannt) und nicht zu tief. Ich fand dann einen Platz auf 5 Meter Tiefe. 15 Meter Ankerkette gingen nach unten. Rückwärtsgang eingelegt, hält. Noch einmal richtig Gas geben – hält. Ankeralarm mit 30 Meter Toleranz eingestellt und Plotter beobachten. Auch in der gut geschützten Bucht hat es zeitweise noch 10 Knoten Wind.

Durch die südliche Einfahrt im Standgas in die Bucht
Ankerbucht Fynhämn

Nach 1 Stunde bin ich beruhigt und mache mich daran Essen zu kochen und zu essen. Auch wenn ich nicht die Ankerbucht erreicht habe, die ich erreichen wollte, bin ich sehr zufrieden. Ich bin noch etwa 25 sm von Grädö entfernt. Das ist morgen gut zu schaffen. Einzig das Wetter könnte mir einen Strich durch die Rechnung machen – Windfinder meint, dass es am Morgen regnet…

Fortsetzung folgt…

Kann ein Segeltag schöner zu Ende gehen?

Zusammen mit meiner Frau hatte ich noch einen Ruhetag in Kalmar – Pfingstsonntag. Auch wenn die Schweden nicht viele Feiertage haben – Pfingstsonntag ist einer. Normal haben in Schweden viele Geschäfte sonntags geöffnet, aber eben nicht am Feiertag. Selbst die Cafés, für die Kalmar bekannt ist, hatten geschlossen. Auf einem großen Platz fand ein Gottesdienst statt. Die Kirche konnte wegen eines Konzerts nicht besichtigt werden. Also gingen wir aufs Boot und machten uns dort einen Kaffee.

In Kalmar machte ich Bekanntschaft mit einem deutschen Segler der regelmäßig mit seiner Frau in diesem Revier segelt. Schon zwei Mal waren sie in Haparanda. Von ihm nahm ich einige Tipps mit.

Pfingstmontag verabschiedete ich dann meine Frau die zurück nach Hause ging. Ab jetzt sollte ich eine Zeit einhand unterwegs sein. Ich machte noch einmal einen Hafentag, um einige Dinge einzukaufen. Heute hatten die Geschäfte wieder geöffnet denn Pfingstmontag ist in Schweden kein Feiertag.

Den angebrochenen Tag nützte ich, neben der Einkäufe, für einen Besuch des Schlosses in Kalmar. Es ist zwar wenig Inventar im Original aus dem späten Mittalter zu sehen, trotzdem ist es ein lohnender Besuch. Der Besucher erfährt einiges aus der Geschichte Schwedens und speziell um dieses Schloss.

Dann hatte ich noch einen weiteren Plausch mit meinen neuen Bekannten. Sie unterstützten mich bei meiner Planung Richtung Stockholm und gaben mir einige Tipps für Häfen und Ankerbuchten. Auch wenn ich mich für das Ankern bestens vorbereitet habe, nach Ankern ist mir bei den derzeitigen Temperaturen in der Nacht noch nicht. Ich habe keine Heizung. Also steuere ich Häfen an wo ich Landstrom habe. Dann läuft mein Heizlüfter auf Hochtouren.

Auf nach Oskarhamn

Dienstag begann dann der Ernst des Lebens. Das erste Mal einhand in diesem Revier. Ablegen ging gut. Mein Ziel für heute: Oskarshamn. Die Wetteraussichten waren nicht sonderlich gut. Aber Wind und Windrichtung sollten passen. Raumschots ging es durch die große Brücke die das Festland mit Öland verbindet und dann weiter im Kalmarsund Richtung Nord-Nordost. Gegen Mittag setzte der Regen ein. Rechtzeitig hatte ich mich ins Ölzeug geworfen und die Segelstiefel angelegt – so blieb ich wenigstens trocken. Im Kalmarsund war ich weitgehend alleine unterwegs. Zwei oder drei Segler die mich überholten. Anfangs hatte ich nur das Großsegel gesetzt, erst später, als ich mich sicher fühlte, hatte die Fock dazu genommen.

Einmal mehr AIS Alarm. Markierung auf das Boot – „Military“. Aha. Mir kamen drei Patrouillenboote der schwedischen Marine in hoher Geschwindigkeit entgegen. Nur eines hatte das AIS aktiviert. Zum Glück wollten sie nichts von mir. Eine Zeit später sichte ich etwas entfernt wieder ein militärisches Wasserfahrzeug. Leider kann ich es nicht genau identifizieren. Für ein U-Boot hat es einen ungewöhnlich hohen Aufbau. Für eine Fregatte scheint es recht flach. Auch kein AIS aktiviert…

Der Wind nimmt zu und vor Oskarshamn wird das Bergen der Fock zur Herausforderung. Bei dem starken Wind und der inzwischen ausgeprägten Welle hat Johann Schwierigkeiten den Kurs zu halten.

Angesichts des starken Windes entscheide ich nicht den außen gelegenen Hafen sondern den in der Stadt anzusteuern. Anlegen mit Heckboje, das erste Mal. Und das auch noch Einhand. Aber wie gehofft ist es hier durch die umliegenden Gebäude windstill. Im zweiten Anlauf habe ich es geschafft. Zum Glück hatte ich viel Platz – ich war das einzige Boot am Steg.

Fazit zum Hafen: Kein schöner Hafen. Direkt angrenzend ist ein Parkplatz für Wohnmobile. Es hat im Moment deutlich mehr Wohnmobile als Segelboote hier in Oskarshamn. Geschätzt etwas 50 Stellplätze für Wohnmobile und dazu etwa 50 – 80 Liegeplätze und für diese Menge zwei Toiletten und zwei Duschen.

Festgemacht in Osarkshamn. 45 sm, 10,5 Stunden

Auch eine neue Erkenntnis: Dort, wo nur Wassersportler sind, sind die sanitären Anlagen sauber. Auch im Laufe des Tages. Dort, wo an den Häfen Wohnmobil-Stellplätze angeschlossen sind, sehen die Toiletten aus wie auf dem Campingplatz… Muss man nicht näher beschreiben.

In Oskarshamn möchte ich noch Bargeld holen. Das ältere Pärchen, das ich in Kalmar kennengelernt hatte, hatte mir empfohlen, auch immer etwas Bargeld dabei zu haben. Außerdem war mein nächstes Ziel Idö. In einer Google Rezension hatte ich gelesen, dass man hier die Hafengebühr bar entrichten muss.

Also startete ich am nächsten Morgen die Suche nach einem Geldautomat. Der erste, der laut Google Maps da sein sollte, war nicht da. Es gab ihn nicht. Also zweiten angesteuert. Gefunden. Maximaler Betrag, der bezogen werden kann: 500 SEK – das sind umgerechnet etwas weniger als 50 Euro. Lustig. Natürlich warf der Automat einen 500 Kronen Schein aus. Also in das nächste Shopping-Center, war gleich um die Ecke. Unten gab es eine Apotheke. Ich erkläre der Mitarbeiterin meine Situation und mein Anliegen den Schein etwas kleiner zu machen. Sie schaut mich ungläubig an und meint: „so viel Bargeld habe ich nicht in der Kasse. Aber versuchen sie es einmal bei Coop“. Die Kassiererin beim Coop zögert, macht mir dann aber den Gefallen.

Dann geht es vor der Abfahrt noch einmal unter die Dusche – nächstes Ziel Idö, ein Tipp von dem älteren Paar aus Deutschland.

Motorprobleme in Oskarshamn

Als ich dann gegen 10 Uhr den Motor starten möchte, ein Problem. Der Motor startet nicht. Also der Anlasser macht ein paar zögerliche Umdrehungen aber nicht wirklich mit Schwung. Schweißperlen auf der Stirn. Nachdenken. Noch einmal versuchen. Noch weniger Reaktion. Überlegen. Sollte ich etwa hier in Oskarshamn einen Volvo-Techniker benötigen. Der mich dann belächelt angesichts meines 30 Jahre alten 9 PS Ein-Zylinder Volvo?

Ein Gedanke: Ich hatte abends zuvor vergessen die Starterbatterie auszuschalten. Passierte mir schon das eine oder andere Mal. War bisher aber nie ein Problem da a) die Batterie relativ neu ist und b) die Batterieanzeige mir abends immer 14 Volt anzeigte. Aber das ist zumindest einmal eine Hoffnung. Denn ein Batterieladegerät habe ich dabei. Also das angeschlossen und mal 15 Minuten gewartet. Neuer Versuch. Jetzt kommt der Motor in die Gänge. Motor wieder aus und erst einmal 2 Stunden Batterie laden. Das macht diese zwar nicht voll aber hoffentlich wieder so weit gebrauchsfähig, dass ich vor Idö den Motor starten kann.

Der Wind kommt wieder aus NNW. Anfangs gegenan segeln erst nur mit Großsegel dann noch mit Fock. Heute begegnete mir kein einziges Boot. D.h. ein Segelboot das gerade nach Oskarshamn einfuhr. Aber dann nichts mehr. Nicht mal ein Frachter.

Solarpanel wird auch während dem Segeln ausgerichtet

Als es wieder in die Schären geht habe ich den Wind direkt auf der Nase. Also Motor an und nach 1 1/2 Stunden in Idö angelegt. Ein nettes deutsches Paar hilft beim Anlegen und gibt mir die Mooringleine. Auch hier ist noch nicht viel los. Der Steg, an dem man mit Heckanker anlegen soll, ist komplett leer. Kurzer Plausch mit dem netten deutschen Ehepaar. Sie haben neben dem Schiff, das sie gerade Richtung Stockholm überführen, einen Waarschip Jollenkreuzer am Bodensee liegen. Daher fiel ihnen gleich mein Kennzeichen am Bug auf.

Sundowner Idö. Oskarshamn – Idö 36 sm, 10 Stunden

Aktuelle Info: In Idö wird nicht mehr bar bezahlt. Der Liegeplatz wird oben im Restaurant (natürlich mit Karte) bezahlt. Dort gibt es auch zwei Toiletten und zwei Duschen. Ist aber ein Weg bis dorthin…

Am nächsten Morgen mache ich noch einen Spaziergang über die Insel. Ich kann mir gut vorstellen, was hier im Sommer los ist. Dann sind die kleinen Badeplätze sicher begehrt. Auch in Schweden gibt es Trolle, die mich am Wegesrand begrüssen.

Hafen Idö

Durch diesen Spaziergang lege ich erst spät ab. Mein nächstes Ziel ist Fyrudden – auch ein Tipp von dem älteren Ehepaar welches ich in Kalmar kennenlernte. Zuerst wollte ich den kurzen Weg durch die Schären nehmen. Der Hafennachbar in Idö meinte noch, dass der Wind heute heftig wäre. Naja, heftig wie die anderen Segeltage. 15 Knoten in Böen mal 20 Knoten. Jedenfalls, das mit dem kurzen Weg durch die Schären war nichts. Wind genau gegenan. Mit Maschine machte ich noch 2,5 Knoten. Also neuer Plan: Raus aus den Schären auf die offene See und dort gegenan kreuzen. Der Wind war stark aber die Welle angenehmer als zuletzt. Länger, nicht so kurz und hackig. Wie so oft segelte ich zuerst nur mit dem Großsegel im ersten Reff und später nahm ich die Fock dazu. Trotzdem wurde es ein langer Tag. Um 20:00 Uhr hatte ich in Fyrudden angelegt. Auch hier: gähnende Leere. Nur eine weitere deutsche Segelyacht lag im Hafen. Auch hier wieder bekam ich Hilfe beim Anlegen.

Fyrudden

Zum Glück waren noch Tortellini vom Vortag übrig die nur aufgewärmt werden mussten. Nach zwei Bier fiel ich tot in die Koje. Anstrengender aber schöner Segeltag.

Durch den Schärengarten nach Nävekvarn

Heute soll es durch den Schärengarten gehen. Tagesziel ist Nävekvarn. Weshalb, dazu später. Es hat heute keinen Wind also geht es unter Maschine weiter. Die Schären sind faszinierend. Hunderte oder vielleicht tausende von kleinen Inseln. Man fährt direkt an einer Insel vorbei und der Tiefenmesser zeigt 25 Meter. Kaum zu glauben. Einmal geht es recht eng zwischen zwei kleinen Inseln durch. Aber auch dort immer noch 10 Meter Wasser unter dem Kiel. Ich merke dass ich mich Stockholm nähere. Es scheint jetzt mehr kleine Häfen zu geben die auch alle gut belegt aussehen. Außerdem sind jetzt hier doch einige Schweden unterwegs die trotz des schwachen Windes (etwa 8 Knoten) segeln. Also offensichtlich so wie ich am Bodensee Feierabend- und Wochenend-Segler ohne weit entferntes Ziel. Beim Anlegen in Nävekvarn erfahre ich Hilfe durch einen Segler aus Frankreich. Ihm ist der Mast gebrochen und jetzt liegt er hier und wartet auf einen neuen Mast – 3 Wochen. Dumm gelaufen. Ist mir aber auch einmal passiert. Auf dem Bodensee mit meinem vorherigen Boot, einer Beneteau First 325. Mast falsch getrimmt, eine Böe mit 8 Bft. und knack hat es gemacht.

Festgemacht. Idö – Nävekvarn 6:15 Stunden

Auch der Hafen von Nävekvarn ist gut belegt. Wie gesagt, jetzt spürt man die Nähe von Stockholm. Und das obwohl es hier sicher 2 – 5 Grad kühler ist als in Südschweden. Ansonsten ist der Hafen nicht besonders toll. Die Sanitäranlagen sind sehr einfach und auch schon in die Jahre gekommen. Morgen Vormittag werde ich hier noch ein paar Einkäufe erledigen und dann geht es weiter.

Immer wieder kleinere Reparaturen

Auch unterwegs ergeben sich immer wieder kleinere Reparaturen. Vor Oskarshamn hing auf einmal der Baum unten nachdem ich das Segel geborgen hatte. Ein Schäkel an der Dirk war offen/defekt. Provisorisch gelöst mit einer dünnen Leine. Dann machte mir die Kühlbox schon einige Zeit Probleme. Unterwegs, ziemlich am Anfang, waren zwei Dosen Flensburger in der Bilge aufgegangen und hatten diese (nicht unter Wasser) unter Bier gesetzt. Heute kontrollierte ich noch einmal und entdeckte noch etwas Restflüssigkeit. Dabei realisierte ich, dass die Kühlbox mit einer Zigarettenanzünder-Steckdose angeschlossen ist. Wäre eine Möglichkeit für meinen Laptop – dachte ich. Nachdem ich den Stecker gezogen hatte sah ich, dass dieser vollkommen korrodiert war. Zum Glück hatte ich einiges an Werkzeug und Kleinmaterial eingepackt. Stecker und Dose abgezwickt und zwei Wago-Klemmen lösen das Problem mit der Kühlbox.

Zweites Etappenziel erreicht

Im Wesentlichen habe ich mein zweites Etappenziel „in time“ erreicht. Ich bin im Großraum Stockholm. Hier möchte ich mich in drei oder vier Tagen mit meiner Tochter treffen die mit ihrem Freund einen Städtetripp nach Stockholm macht. Deshalb der Termin und das Ablegen heute Morgen. Jetzt geht es nur noch darum einen Hafen zu suchen, der eine gute Verkehrsanbindung nach Stockholm hat.

Und in sechs Tagen picke ich dann noch einen Bekannten vom Bodensee auf, der mich dann etwa 10 Tage begleitet. Doch zu alledem dann im nächsten Teil.

Der eine oder andere wird sich fragen, weshalb ich bei meinem Umbau und meinem „temporären“ Törn nicht auf Orca gegangen bin. Zuerst für die, die nicht wissen was Orca ist:

Was ist Orca?

Orca ist eine recht neue Lösung für die elektronische Navigation. Bevor ich hier eine lange Abhandlung schreibe, was Orca ist, was Orca kann verweise ich einfach auf einen Beitrag im float Magazin.

Über das segeln-forum wurde ich auf Orca aufmerksam. Orca, das ist zum einen eine App für iOs oder Android. Dazu gibt es die Option mit dem Core. Der Core (das Herz) beinhaltet einen GPS Empfänger und die Möglichkeit, alle möglichen Datengeber mit dem Core zu verbinden. Darüber hinaus beinhaltet das gesamte Paket ein besonders robustes Tablet auf Android Betriebssystem.

Eine weitere Besonderheit: ohne große Zusatzkosten werden Seekarten bereitgestellt. Upps…. Da wird wohl mancher hellhörig. Denn von bisherigen Plottern kennen es Wassersportler so, dass teure Seekarten von Navionics, Cmap oder what ever gekauft werden müssen. Alleine damit rührt Orca den Markt deutlich auf.

Erster Eindruck…

Um einen ersten Eindruck zu bekommen, habe ich mir die Orca App auf dem iPad installiert und die einfachste Subcription gebucht.

Erster Eindruck: Übersichtlich. Die Seekarten wirken sehr aufgeräumt und übersichtlich. Sie sind nicht so bunt wie z.B. die Seekarten von Navionics. Und das gefällt wohl einigen. Viele Kommentare dazu sagen, dass die Seekarten aufgrund der Farbgebung übersichtlicher wären.

Die erste Versuche mit dem Setzen von Wegpunkten, importieren von Routen liefen etwas holprig. Mit Umwegen funktionierte auch das Importieren.

Also, warum nicht Orca?

Meine Ausgangssituation: Ich hatte das B&G Tridata für Lot, Logge und Wind inklusive Anzeige installiert. Das war meine Ausgangssituation. Jetzt sollte noch ein Funkgerät, vor allem auch für den Empfang von AIS Daten, dazu kommen. Und ein Pinnenpilot, aufgrund der Kompatibilität zu B&G ein Simrad TP22 (Simrad wurde vor einigen Jahren von B&G aufgekauft). Zuletzt wollte ich einen Plotter für die Routenplanung, die Darstellung der Schiffe die über AIS ihre Position, Geschwindigkeit und Richtung senden, eine digitale Seekarte mit genauen Tiefenangaben, Seezeichen etc. und was sonst noch geht.

Und da sind wir beim ersten Punkt. Wie in anderen Beiträgen geschrieben, war eine Motivation für diesen Törn für mich der Youtube Kanal der SY Müggele. Und von dort habe ich zwei wichtige Infos zu den Karten von Navionics mitgenommen: Auf den Navionics Karten sind auch die Bojen des SXK (der Svenska Kryssarklubben) in den Karten eingezeichnet.

Da ich möglichst viel ankern, bzw. an den Bojen festmachen möchte, war mir das wichtig. Zweiter Grund: In der Navionics App gibt es Kommentare bzw. Messungen anderer Benutzer. Es gibt in Schweden und Finnland zahlreiche Buchten, die nicht genau vermessen sind. Mit etwas Glück findet man Messungen anderer User.

Kosten: Wenn ich den Orca Core (wird benötigt um die bestehenden Geräte Lot, Logge, Wind, Pinnenpilot einzubinden), das Orca Display (das Android Tablet), eine Halterung für das Tablet rechne, komme ich aktuell auf rd. 2150 Euro. Für das nächste Jahr benötige ich mind. eine Subscription in Höhe von 150 Euro. Also in Summe bin ich dann am Ende des Törn bei 2300 Euro.

Dem gegenüber stehen die Kosten für den B&G Vulcan 7 plus Seekarte Navionics Baltic Sea Large – in Summe rd. 890 Euro. Auf ein Update der Karte 2026 kann ich auch verzichten. Also keine weiteren Kosten. Und wenn ich nächstes Jahr ein Update der Karte „Baltic Sea“ wollte, kostet dies Stand 2025 124 Euro – also noch weniger als die Subscription.

Orca ist eine tolle Sache. Und ich denke auch, dass das die Zukunft ist. In der Vergangenheit versuchten verschiedene Hersteller ihr proprietäres System zu schaffen, um die Kunden zu binden. Die Zukunft wird sicher ein offenes System wie Orca sein. Für alle, die dauerhaft mit eigenem Kiel auf dem Meer unterwegs sind, die sehr unterschiedliche Reviere ansteuern wie Ostsee, westliche Ostsee, Atlantikküste, Mittelmeer usw. definitiv auch kostenmäßig interessant da alle Seekarten inklusive sind (Anmerkung: Orca deckt derzeit noch nicht alle Seegebiete ab. Aber Europa komplett).
Für jemand der nur auf der Ostsee unterwegs ist, ist die Subscription oder das Update einer Navionics Karte wohl kein großer preislicher Unterschied. Für mich wären es 1.400 Euro Mehrkosten gewesen, die sich nicht rechtfertigen ließen.

Wie geschrieben hatte ich mir die App Orca mit dem Abo „Orca Plus“ (Kosten 49,99 Euro) auf dem iPad als Ergänzung installiert. Und im ersten Rückblick war ich ganz froh darüber. Denn: Ich hatte mir für den Vulcan 7 die Seekarte „Baltic Sea“ von Navionics gekauft. Was ich nicht wusste (und wer wie ich bei SVB bestellt – auf der Seite wird nicht(!) darauf hingewiesen), dass Bornholm und auch die Erbseninseln nicht in dieser Seekarte enthalten sind. Dafür hätte ich noch einmal eine andere Seekarte von Navionics kaufen müssen (obwohl Bornholm mitten drin liegt – das verstehe wer will).

Autorouting

Was ich an der Orca App ganz cool finde, ist das Autorouting. Also man gibt einen Zielpunkt an und lässt Orca eine mögliche Route planen. Dabei kann auch das Start-Datum angepasst werden. Orca macht dann einen Routenvorschlag unter Berücksichtigung der Wetterdaten. Nun kommt das „aber“…. Aber das Autorouting funktioniert manchmal nicht so toll. Bei Christansoe sollte ich z.B. die ersten Meilen quer über die Insel „segeln“.

Bei der Törnplanung von Karlskrona nach Kalmar wollte mich das Autorouting partout nicht durch ein enges Fahrwasser südlich von Torhamn navigieren. Dass es mit dem Autorouting noch hapert, liest man auch in der Facebook-Gruppe „Orca Owner’s Club“.

Was mir ebenfalls unangenehm auffiel, ist der Energiebedarf der App. Wie gesagt habe ich „nur“ die App mit Subscription auf meinem iPad. Wenn ich den Energiespar-Modus ausschalte und Orca ständig auf dem iPad laufen lasse, dann ist in etwa 4 Stunden der Akku leer gesaugt. Wir hatten jetzt einige Schläge die Richtung 10 Stunden gingen. Für den kompletten Schlag war Orca nicht zu gebrauchen.

Fazit

Trotz der zuvor genannten Nachteile: Mir gefallen die Karten von Orca sehr gut. Für meinen Geschmack übersichtlicher als die Karten von Navionics. Aber das ist Geschmackssache. Auch wenn das Autorouting Schwächen hat: Ich finde es hilfreich bei der Planung. Die Kosten, knapp 50 Euro für ein Jahr finde ich o.k.

Nur einen Tag später, nachdem ich Teil 1 veröffentlicht habe, schreibe ich am zweiten Teil. Nur ein Segeltag, aber der hatte es in sich. Außerdem (ich nehme es vorweg): Mit dem Etappenziel „Kalmar“ habe ich das erste Etappenziel „in time“, also so wie geplant, erreicht.

Ich habe meine Ostseerunde, also die Wunschvorstellung, grob in Etappen aufgeteilt. Etappe 1: von Kröslin nach Kalmar. Und dazu stehen Daten. Für Kalmar stand das Datum für die Ankunft 07.06.25. Ein Ruhetag mit meiner Frau bevor sie dann am Montag (9. Juni) nach Hause fliegt.

Angesichts der verspäteten Abreise in Kröslin, dem ungeplanten (zweiten) Hafentag in Karlskrona und dem Tag ohne Wind auf Christiansø dachte ich nicht, Kalmar zum geplanten Datum zu erreichen.

Die Ausgangssituation hatte ich im letzten Teil beschrieben. Aufgrund des Wetters blieben wir einen weiteren Tag in Karlskrona, für heute war „moderater“ Wind (etwa 4 bis 5 Bft) aus südwest vorhergesagt. Gute Bedingungen. In der Nacht blies der Wind noch ordentlich in den Hafen von Karlskrona weshalb ich es am Morgen gemütlich anging. Die Hoffnung war, dass der Wind weiter etwas nachlässt.

Die ersten Seemeilen waren richtig schön. Auch wenn es immer noch gut Wind hatte, dadurch, dass wir hinter den vorgelagerten Inseln bzw. zwischen Inseln Richtung Kalmarsund segelten, hatte es keine Welle und es war fast wie auf dem Bodensee (mit dem Unterschied, dass es Wind hatte). Ein kurzes Stück hatten wir dabei gegenan und wurde mit Hilfe des Motors bewältigt. Auch eindrucksvoll: Das erste Mal unter einer Brücke hindurch segeln. Die Brücke hatte eine Durchfahrtshöhe von 18 Metern. Miss Sophie etwa 13,5 Meter plus Antenne wohl 14 Meter. Es hat gereicht aber da hält man doch eben einmal die Luft an.

Segeln durch die Inseln südöstlich von Karlskrona
Erster Vorgeschmack auf das Schärensegeln
Erste Brückendurchfahrt

Schließlich erreichten wir den Kalmarsund und der Wind blies stärker als erwartet/gehofft und es hatte auch mehr Welle als erwartet/gehofft. Doch es ging noch ganz gut. So gut, dass ich das Steuern an Johann, unseren Pinnenpiloten delegieren konnte.

Etwa auf halbem Weg kam mir eine deutsche Yacht entgegen (das einzige Segelboot an diesem Tag im Kalmarsund). Ich Backbord-Bug, er Backbord-Bug. Er im Lee, also hatte er Vorfahrt. So musste ich die erste Halse machen und ich merkte zum ersten Mal die Kräfte, die heute wirkten. Die Großschot war kaum dicht zu holen.

Inzwischen kam der Wind fast genau von hinten, die Wellen hatten zugenommen so dass mir Johann nicht mehr helfen konnte. Ich musste alles selbst steuern und jede Welle, die unter dem Boot hindurch rollte, aussteuern. Miss Sophie begann auf den Wellen zu surfen und erreichte Geschwindigkeiten, die mir Angst machten. Einmal hatten wir 9,2 Knoten auf der Logge – weit über Rumpfgeschwindigkeit und das Ruder begann zu vibrieren. Zum Glück waren das immer nur kurze Momente und die Geschwindigkeit kam wieder auf ein vernünftiges Maß. Es war aber extrem schwierig, die Wellen so platt vor dem Wind auszusteuern. So legte ich 3 Patenthalsen hin (das Großsegel schlägt ungeplant und mit Wucht auf die andere Seite). Einmal waren leider meine Fingerknöchel und der Bizeps im Weg – schmerzhafte Erfahrung.

Im Kalmarsund – Erinnerung an die Beach Boys „Everbody’s surfing“

Kurz vor Kalmar ging es an das Bergen des Großsegels. Motor an und in den Wind steuern. Johann macht wieder seinen Job (sehr gut). In der Welle geht es auf allen vieren zum Großsegel. Leider fällt unser Großsegel nicht einfach von selbst herunter sondern benötigt etwas Hilfe dabei. Dabei bekam ich (wieder einmal) meine zweite Dusche durch eine Welle die über das Deck schlug.

Später habe ich recherchiert, wie die Windverhältnisse waren (unser Windmesser zickt im Moment). Am Airport Kalmar wurden 47 km/h in Böen gemessen.

Die Ansteuerung von Kalmar verlief sehr gut. Im Hafenbecken dann endlich etwas Ruhe und wir finden wieder einmal einen Liegeplatz in erster Reihe. Ganz Nah von Dusche, WC, Sauna etc.

Fazit: Ich denke das war der härteste Segeltag in meinem bisherigen Seglerleben. 52,5 sm in 11:00 Stunden. Durchschnitt 4,8 Knoten. Jetzt zwei Tage Pause. Dann geht es einhand weiter. Ich bin sehr gespannt wie mir das gelingt und wie weit ich komme.