In meinem vorherigen Beitrag hatte ich geschrieben, wie es überhaupt zu dieser Idee kam – Segeln auf der Ostsee – mit dem Traum bis zur gelben Tonne, dem nördlichsten Punkt der Ostsee.

Zuerst machte ich mir Gedanken darüber, wie viel Zeit ich dafür wohl benötige. Wie gesagt, wurde ich durch den Törn der SY Müggele angefixt von dieser Idee. Weitere Youtube-Kanäle und Blog-Beiträge steckten den Zeitrahmen – in drei Monaten sollte das gut zu schaffen sein. Ich setzte mir dann gedanklich noch einen Puffer. Wenn ich das Boot über den Winter südlich von Stockholm lasse und 2026 dann im Rahmen eines Sommerurlaubs zurück an den Bodensee bringe, dann sollte das gut gehen.

Wie jeder Arbeitnehmer habe ich 30 Tage Urlaub. Wie sollte das also gehen? Zeitgleich, als ich davon träumte, las ich den Beitrag einer SAP Beraterin die in einem Beratungsunternehmen tätig ist. „Workation“ war der Begriff. Sie bekam von ihrem Arbeitgeber ein Wohnmobil zur Verfügung gestellt mit dem sie durch Italien reiste und von unterwegs arbeitete.

Also stellte ich den Antrag: 5 Wochen Urlaub, 2 Monate Workation (80%) und dann noch eine Woche Urlaub. Und er wurde genehmigt. Jetzt konnte es mit der eigentlichen Planung los gehen.

Die eigentliche Planung

Zuerst stellte sich die Frage, wo der Törn starten soll. Greifswald war die erste Idee. Doch nach einige Studien des Greifswalder Bodden (durch den sollte die ersten Etappe führen) zeigte sich Lubmin als Startpunkt günstiger. Lubmin, Sassnitz, Bornholm, Karlskrona das sollten die ersten Etappenziele sein. Erstes großes Etappenziel Kalmar.

Auf den ersten 14 Tagen sollte mich meine Frau begleiten. Einfach auch weil ich in ihr viel Vertrauen habe. Wir kennen uns als Team auf dem Boot, sie kennt das Boot und unsere Anlegemanöver auf dem Bodensee sind eingespielt.

Von Kalmar gibt es eine Flugverbindung nach Stockholm und von Stockholm nach Zürich.

Elektrik/Stromversorgung

Ein weiterer wichtiger und großer Punkt war die Elektrik bzw. die Stromversorgung. Der Plan ist, so oft wie möglich zu ankern. In den Schären bieten sich unzählige Buchten dafür an. Da ich zwei Monate reduziert arbeiten muss, musste hier die Stromversorgung entsprechend geplant werden.

Hierzu habe ich mich intensiv im Segeln-Forum mit anderen ausgetauscht. Das Ergebnis war ein Plan der auf der einen Seite eine möglichst sichere Versorgung bietet aber auch nach der Rückkehr 2026 an den Bodensee einen Rückbau bzw. Reduktion auf das hier notwendige vorsieht. Zu dem Umbau gibt es einen separaten Blogbeitrag.

Und so sieht der Plan aus:

Grau unterlegt ist alles was bereits besteht

Funk / SRC

Theoretisch sollte in den skandinavischen Ländern weitgehend Mobilfunk verfügbar sein. Aber: je nach möglicher Strecke wird es möglicherweise kein Netz geben. Zum Beispiel zwischen Sassnitz und Bornholm. Oder zwischen Bornholm und der schwedischen Küste. Wie die Mobilfunk-Abdeckung im Norden Finnlands ist, ist auch schwer einzuschätzen. Da ich die meiste Zeit alleine unterwegs sein werde, die komplette Zeit im Seegebiet A11 unterwegs bin, entschied ich mich für Ukw-Funk für den Notfall. Mittels DSC (Digitalem Selektivruf), angeschlossenem GPS ist im Notfall innerhalb von 2 Minuten meine genaue Position mit Notmeldung übermittelt.

Die Voraussetzung zur Nutzung einer Ukw Seefunkanlage war der Erwerb des Short Range Certificates. Ich lernte mit Hilfe des SRC Tutor von Frey Software und einer Reihe Videos auf Youtube.

Pinnenpilot

Bisher hatte ich keinen Autopilot/Pinnenpilot. Auf dem Bodensee auch nicht so wichtig. Jetzt aber, da ich viel alleine unterwegs sein werde, ist ein Pinnenpilot fast unverzichtbar. Da ich eigentlich alles auf B&G ausgerichtet habe sollte es ein Simrad TP20 werden. Der sollte von der Leistung gut ausreichen.

Seekarten/Revierführer

In manchen Foren liest man heute: „was für Seekarten?“. Viele verlassen sich inzwischen auf Plotter und elektronische Seekarten. Doch in deutschen Hoheitsgewässern kontrolliert die Wasserschutzpolizei durchaus noch ob aktuelle Papier-Seekarten an Bord sind.

Mietwagen

Da unsere Dehler 28s keinen Trailer hatte, hatten wir nach dem Kauf einen Harbeck Straßentrailer dazu gekauft. Die Dehler 28s ist gerade an der Grenze des trailerbaren. Voraussetzung ist ein 3,5 to Straßentrailer (mit Zulassung versteht sich) und das Boot muss ziemlich leer geräumt werden (ggf. sogar Tankinkhalt reduzieren). Und dann kommt das nächste Problem: Man benötigt ein entsprechendes Zugfahrzeug. Und da gibt es nicht viele die 3,5 to ziehen dürfen. VW Touareg, Ford Ranger XL, Toyota Hilux, Land Rover Discovery um ein paar mögliche zu nennen. Die Suche nach einem One-way Mietwagen gestaltetet sich als sehr schwierig. Schließlich wurde ich bei Sixt fündig. Abholung in Überlingen am Bodensee und Rückgabe in Rostock.

Weshalb nicht chartern?

Manch einer stellt sich vielleicht die Frage, weshalb ich nicht einfach ein Segelboot charter. Ich kann es auf zwei Punkte reduzieren:
Kosten – Ein Segelboot dieser Größe kostet in diesem Zeitraum durchschnittlich 600 Euro/Woche im Charter (und das ist eher die untere Grenze). Im ersten Jahr bin ich 15 Wochen unterwegs. Im zweiten Jahr voraussichtlich noch einmal 5 Wochen. Ergibt etwa 12.000 Euro für eine Charter-Yacht.
Scheine – Ich habe keine Scheine (außer dem SRC jetzt). Also keinen Schein, der „offiziell“ anerkannt ist. Ich habe das Bodenseeschifferpatent für Segel und Motor welches die meisten Charterer an der Ostsee wahrscheinlich nicht kennen. Es gibt als „offizielle“ Scheine den SBF See, SKS, SSS und was weiß ich. Das sind die Scheine, die Charterer in der Regel verlangen. Hier stellt vielleicht mancher die Frage: Darf ich das? Ja, ich darf das. Für das Segeln auf dem Meer braucht es keinen Schein. In deutschen Küstengewässern ist ein SBF See ab einer Motorleistung von 15 PS vorgeschrieben. Der Motor der Dehler 28s hat 9 PS. Ist also scheinfrei.

Zu den Kosten: Jetzt mag manch einer gegenüber stellen, welche Kosten ich für die Auf-/Umrüstung des Bootes und den Transfer habe. Reduziert auf das, was ich jetzt nur(!) für diesen Törn mache liege ich bei ca. 7.000 Euro. Einiges nach dem Törn werde ich wieder verkaufen wie z.B. die Seekarten. In Summe rechne ich mit ca. 2.000 Euro. Die zwei 100 W Solarmodule kann ich nach dem Törn gut in mein Balkonkraftwerk integrieren. D.h. netto bleiben etwa 5.000 Euro. Das ist es mir wert.

In den folgenden Wochen trudelten zahlreiche Pakete ein. Meine Frau verdreht inzwischen die Augen wenn wieder an Paket am Kellereingang steht. Aber es geht dem Ende zu… 🙂


  1. Im Global Maritime Distress and Safety System werden die Weltmeere in Seegebiete von A1 bis A4 unterteilt. Im Seegebiet A1 gibt es mindestens eine UKW-Küstenfunkstelle, die ununterbrochen für DSC-Alarmierungen (Kanal 70/156,525 MHz) zur Verfügung steht. ↩︎

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