Der letzte Vorhang…

Sonntag, 31. August 2025

Die letzte Woche meiner Reise wird eingeläutet. Die Nacht in Angskär war angenehm. Am Morgen ist es sonnig und warm. Auch die Wohnmobilisten genießen ihren Kaffee in der warmen Morgensonne.

Bei mir gibt es ein festliches Frühstück mit Bacon und Rührei. Ich muss jetzt auch langsam sehen, dass ich die verderblichen Lebensmittel verbrauche. Reis, Nudeln, Zucker, Salz und Konserven kann ich über den Winter auf dem Boot lassen. Die Konserven werde ich sicherheitshalber einzeln in Gefrierbeutel verpacken – falls doch eine platzen sollte.

Für heute war wenig Wind vorhergesagt. Und der wenige Wind sollte mal wieder aus Nord kommen – die Richtung in die ich muss. Von Änskär muss ich um Björns Fyr herum, erst dann kann ich abfallen Richtung Westen. Angesichts der Windvorhersage, das Wetter sollte schön sein, hatte ich überlegt an der SXK Boje bei Björns Fyr zu übernachten.

Nachdem ich losgemachte hatte und auf den Am-Wind-Kurs gegangen war, war ich überrascht. Es hatte doch immerhin 8 bis 10 Knoten Wind mit ertragbarer Welle. Angesichts der guten Bedingungen berechnete die Navi-App Orca die Ankunftszeit auf etwa 13 Uhr. Da überlegte ich, dass ich doch etwas weiter gehen könnte. Ich schaue im Hamnguiden nach Alternativen und finde den kleinen Hafen Sikhjälma. Es gibt für Gäste nur vier Heckbojen zum Festmachen, aber jetzt ist ja nichts mehr los. Also plane ich kurzerhand um.

Abgelegt in Ängskär
Kaum zu sehen – markierte Untiefe
Leider zieht es immer mehr zu und der Wind lässt nach
Wieder einmal – Björns Fyr

Als hätte das Neptun mitbekommen… Der Himmel zieht zu und die Sonne ist weg. Gleichzeitig nimmt der Wind ab. Die etwa 1/2 Meter hohe Welle wird jetzt richtig blöd. Es hilft nichts – der Motor muss helfen. Während ich Björns Fyr ansteuere überlege ich, ob ich jetzt dann doch an der Boje festmachen soll. Vor Bjorns Fyr frischt der Wind wieder etwas auf auf etwa 7 Knoten. Wenn ich an Bjorns Fyr vorbei bin, könnte ich abfallen und sollte halben bis raumen Wind und die Welle Richtung Sikhjälma mit mir haben. Also lasse ich die Boje rechts liegen und ziehe nach der engen Durchfahrt die Segel hoch. Mit etwa 3 bis 4 Knoten komme ich voran – das reicht, es ist ja nicht mehr weit. Doch kurz vor Sikhjälma schläft der Wind fast komplett ein. Egal, jetzt nur noch rein.

Wie zu erwarten sind die vier Gastplätze komplett leer. Nur die anvisierte Heckboje ärgert mich etwas. Sie steht komplett schief und zweimal fahre ich erfolglos daran vorbei. Jedesmal, wenn ich daran vorbei fahre, dreht sich die schiefe Öse unerreichbar weg. Beim dritten Mal habe ich sie erwischt und das Boot ist am Steg festgemacht.

Kurz vor Sikhjälma
Einfahrt Sikhjälma – alle Gästebojen frei
Nett hier
Ängskär > Sikhjälma 21 sm

Der letzte größere Schlag

Montag, 1. September 2025

Mein letztes Ziel auf diesem Törn – Gävle. Für den Tag war leichter Wind aus Süd vorhergesagt. Ideal für diesen Schlag. Das sollte leicht raumer bzw. später Halbwind sein. Am Morgen hatte es draußen Nebel weshalb ich mir erst einmal gemütlich Frühstück machte. Ich hatte keine Eile. Das Wetter sollte den ganzen Tag halten. Es sollte sogar sonnig sein. Der Morgen begann jedenfalls sonnig wobei die Sonne immer wieder vom Nebel abgeschwächt wurde. Gegen 10.30 Uhr habe ich dann losgemacht und war überrascht von guten etwa 8 Knoten Wind die mich mit 3 bis 4 Knoten voran brachten. Sollte es ein richtig schöner Segeltag zum Abschluss sein?

Nein. Nach etwa 2 Stunden, einem Drittel der Strecke, zog der Himmel zu – Sonne weg, Wind weg. Null Knoten Fahrt. Eine Änderung war auch nicht absehbar weshalb wieder der Motor einspringen musste. Ich lies ihn bei mittlerer Drehzahl laufen – da braucht er nicht viel Diesel. Die Ostsee ist leer. Ich kann es mir gemütlich machen und lasse Johann steuern. Viel zu steuern ist ja nicht.

Früh am Morgen hat es draußen Nebel. Erst einmal abwarten
Abgelegt in Sikhjälma
Sonne weg, Wind weg

Erst auf Höhe der ersten Industriehäfen erscheint ein Frachter auf dem Plotter. Er folgt dem Fahrwasser. Ich jedoch nehme den direkten Weg und bin damit dort unterwegs, wo kein Frachter unterwegs ist. Hier ist es flach. Immer wieder weniger als 10 Meter Wassertiefe. Kurz vor Gävle geht es noch einmal eng zwischen ein paar vorgelagerten Inseln durch. Diesen Weg kannte ich jetzt noch nicht obwohl es jetzt das fünfte Mal war, dass ich hier hinein bzw. heraus gefahren bin.

Ich steuere wieder den Stadthafen an. Falls sich jemand fragt weshalb: Es ist sicher nicht perfekt hier, der Landstrom geht immer noch nicht. Aber die sanitären Einrichtungen sind sehr gut (recht neu). Die Sauna ist auch sehr gut und Waschmaschine und Trockner sind inklusive. Außerdem hat es hier direkt am Hafen einen Coop.

Wieder einmal festgemacht in Gävle

Deshalb ist eine meiner ersten Handlungen nach dem Festmachen das Anheizen der Sauna. Bis diese warm ist, suche ich die Wäsche zusammen und werfe eine Waschmaschine an. Dann geht es unter die Dusche und in die Sauna. Herrlich, denn ich bin wieder einmal ganz alleine hier.

Dann noch in den Coop einen Salat, Tomaten, Kekse und Chips holen. Morgen gehe ich dann wieder rüber nach Huseliiharen. Dort funktioniert der Landstrom und es hat ein Restaurant direkt am Club welches Lunch anbietet. Nur die sanitären Anlagen sind in Huseliiharen nicht so prickelnd. Aber dort kann ich dann in Ruhe die Segel abschlagen bevor es Donnerstag rüber zur Marina Fliskärsvarvet geht, wo das Boot dann am Freitag ausgewassert wird.

Sikhjälma > Gävle 23 sm

Raus nach Huseliiharen

Dienstag, 2. September 2025

Für Mittwoch ist Regen vorhergesagt. Deshalb hatte ich für heute das Abschlagen der Segel geplant. Dafür ging es raus nach Huseliiharen in den Hafen des Gefle Segelclubs – einem der ältesten Segelclubs, gegründet 1880. Dort geht wenigstens der Landstrom und ich kann meinen Heizlüfter nachts anmachen.

Außerdem hatte ich die Hoffnung auf Lunch im Restaurant Huseliiharen. Diese Hoffnung zerschlug sich dann aber – Saisonende. Das war nicht tragisch – zum Essen habe ich noch genug, aber schade.

Auf dem Weg konnte ich noch einmal die Fock ausrollen, es hatte fast halben Wind mit etwa 10 Knoten. Es sind ja nur 5 Seemeilen. Leider hat es Wind aus Südost und zum ersten Mal realisiere ich, wie unangenehm der Hafen bei Südost ist. Der Schwell kommt direkt in den Hafen rein und Miss Sophie zerrt immer wieder an den Festmachern. Hoffentlich wird das morgen besser, nicht angenehm.

Die Segel sind dann recht bald zusammen gepackt und auch die Solarmodule wandern in die Achterkajüte.

Raus aus dem Stadthafen
Noch einmal die Fock ausgerollt
Festgemacht in Huseliiharen
Das Restaurant hat schon geschlossen. Saison zu Ende
Segel abgeschlagen, Solarmodule versorgt

Den Frust etwas von der Seele schreiben

Donnerstag, 04. September 2025

Ich bin jetzt seit 2 Tagen in Huseliiharen beim Gefle Segel Sällskap. Am ersten Tag konnte ich die Segel abschlagen und soweit schon alles von Deck nehmen was weg muss wie die Solarpanels, Heckanker und Festmacher die ich nicht mehr benötige.

Am Mittwoch regnete es dann wie vorhergesagt immer wieder und ich konnte außen am Boot wenig bis nichts machen. Und wieder tropft es durch diesen bescheuerten Deckslüfter. Ich hatte das jetzt schon zuvor mit Gafa-Tape weitgehend zugemacht. Langsam bin ich mit meinem Latein am Ende. Würde es die (Original) Dehler-Werft noch geben, sie würden dermaßen eine Wut-Mail von mir bekommen. Unverständlich für mich, wie man einen solchen China-Schrott in einem Segelboot verbauen kann.

Gegen Abend zog dann Südwind auf. Draußen 30 Knoten und mehr, hier immerhin noch 25 in Böen. Der Südwind treibt den Schwell direkt hier hinein und die Gästeplätze liegen sehr bescheiden (würde es eigentlich gerne direkter schreiben). Das Boot ruckt und zerrt an den Festmachern. Die Nacht war kaum an Schlaf zu denken. Am Morgen hatte ich durch diesen Mist ein wenig Übelkeit. Meine Reisetasche habe ich gepackt und die Lebensmittel entweder entsorgt oder soweit als möglich winterfest gemacht. Aber ich habe nicht das geschafft, was ich schaffen wollte. Insbesondere wollte ich rüber auf die andere Seite nach Fliskär wo ich morgen auswassern sollte. Doch bei 25 Beaufort in Böen möchte ich das nicht machen. Ich kenne den Hafen nicht, weiß nicht wie gut er geschützt ist. Vielleicht ein Fehler – ich weiß es nicht. Jedenfalls bin ich unzufrieden. Ich wollte einiges mehr tun was ich aufgrund des Umtriebs hier nicht tun konnte. Wie z.B. das Porta Potti in der Toilette entleeren.

Ausgerechnet heute hat der Segelclub seine letzte Donnerstags-Regatta mit abschließendem Grillen.

Der Wind soll in der Nacht nachlassen und am Morgen gegen Null sein. Aber immer noch treibt es den Schwell hier hinein. Also werde ich den Wecker auf sehr früh stellen, am Morgen noch die wichtigsten Dinge erledigen und dann rüber nach Fliskär fahren. Ein fast verlorener Tag… ärgerlich.

Der Vorhang fällt…

Freitag, 05. September 2025

Um 7 Uhr klingelt der Wecker. Ich mache noch das notwendigste hier wie das Entleeren des Porta Potti und das Entsorgen des Grauwassers unter der Spüle (ich habe da nur einen kleinen Kanister – die Dehler 28 hat keinen Grauwassertank). Parallel noch zwei Kaffee und dann geht es auch schon rüber zum Fliskärsvarvets Småbåtshamn. Um 10 Uhr habe ich den Termin zum Auswassern. Davor möchte ich noch einmal voll tanken da es in Bezug auf Dieselpest besser ist, möglichst wenig Luft im Tank zu haben.

Noch einmal abgelegt in Huseliiharen
Alles ruhig früh am Morgen

Ich bekomme einen Anruf mit der Info dass ich früher kommen kann, falls es mir passt. Passt mir.

Dann geht Miss Sophie raus und wird von den Mitarbeitern aufgepallt. Ich finde eine Leiter mit der ich auf das Boot kann. Ausräumen, die letzten Dinge irgendwo verstauen und den Motor noch winterfest machen (Frostschutz). Dann ist für mich alles erledigt und damit meine Reise zu Ende.

Noch eine Nacht im Hotel in Gävle dann geht es morgen zurück nach Hause.

Am Ende sind es jetzt etwas mehr als 1.500 Seemeilen. Mein Projekt hatte ich unter dem Titel „Projekt 100+“ da es etwas mehr als 100 Tage waren (etwa 110). Davon war ich 64 Tage unterwegs auf dem Wasser (wobei hier 4 kurze Etappen abgezogen werden können).

Wie es nächstes Jahr weiter geht, weiß ich noch nicht. Das hängt auch von meinem Arbeitgeber ab. Auf jeden Fall wird es nächstes Jahr für Miss Sophie zurück an den Bodensee gehen. Für mich bleiben erst einmal ganz viele schöne und aufregende Erinnerungen an eine unglaubliche Segelreise…

Noch einmal vollgetankt
Dann geht es raus aus dem Wasser
Wohlgemerkt vor(!) dem Abstrahlen – keine einzige Pocke oder Muschel
Winterlager

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