Sonntag, 6. Juli 2025

Heute regnet es nur einmal – von morgens bis abends. Aber das habe ich gewusst. Meine Einkäufe habe ich bereits am Vortag erledigt und da es mit dem Regen auch kalt ist, bleibe ich gemütlich in meinem Daunenschlafsack eingemummelt bis 11 Uhr liegen. Gemütliches Frühstück. Bei dem Wetter habe ich keine Lust von Bord zu gehen.

Regen – ein Tag an dem man keinen Hund vor die Türe jagt

Nachdem jetzt alle Akkus voll geladen sind, richte ich an den LiFePo Batterien alles so, das ich schnell und einfach die Peripherie aktivieren kann. D.h. der 230 V Konverter bleibt angeschlossen und auch das Ladekabel für das Ladegerät der LiFePo Akkus. Dann sortiere ich noch das am Vortag verursachte Chaos etwas und spüle das Geschirr der letzten zwei Tage. Der Akku der starken LED-Taschenlampe wird auch noch gleich geladen.

Am Nachmittag setze ich mich an den Laptop, neben mir das iPad. Überlegungen anstellen, wie ich die nächsten zwei Tage gestalten kann. Das Traumziel, Haparanda, habe ich mit dem heutigen Tag abgeschrieben. Es ist für mich nicht mehr erreichbar. Es wären immer noch etwa 600 gesegelte Seemeilen von hier bis Haparanda. Etwa 650 Seemeilen bin ich jetzt unterwegs. Die Frage ist: Soll ich noch etwas in den Norden oder gleich wieder zurück Richtung Süden. Im Moment kann ich mich nicht entschließen. Ich denke ich entscheide es am nächsten Tag spontan im Laufe des Vormittags.

Achja, inzwischen kann ich den kühlen Temperaturen auch etwas abgewinnen: Schon in Älmsta (als noch mein Bekannter mit an Bord war) bemerkten wir, dass es hier ordentlich Stechmücken haben kann. Das ist hier nicht besser. Trotz der kühlen Temperaturen „verirren“ sich zwei oder drei Stechmücken in das Boot. Das Thema möchte ich mir gerade nicht bei 25 Grad ausdenken.

Kuggören

Montag, 7. Juli 2025

Nachdem ich meine Arbeit vorerst erledigt habe, kann ich gegen 14 Uhr ablegen. Zum nächsten Hafen wäre es zu weit auch aufgrund des schwachen, ungünstigen Windes. Deshalb suchte ich irgendeine Ankerbucht oder SXK-Boje in machbarer Entfernung. Das einzige, was sich anbot, war eine SXK-Boje bei Kuggören. Zuerst ging es wieder raus aus der Bucht von Hudiksvall. Diesmal jedoch unter Segel. Musste zwar ein paar Mal improvisieren, aber letztendlich ging das ganz gut. Es war ein ziemlich wechselnder Wind sowohl in Stärke als auch in Richtung.

Nachdem ich wieder einmal eine Durchfahrt zwischen zwei Inseln hatte, ging es gezwungenermaßen raus auf die offene See. Leider stimmte die Windrichtung nicht so, wie sich das Orca gedacht hatte. Ich segelte erst einmal weiter auf dem ungünstigen Kurs (hoch am Wind). Die Welle nahm mehr und mehr zu. Am Ende waren es etwa 2 Meter. Gleichzeitig lies der Wind nach – nur noch 7 bis 8 Knoten. So machte ich nur noch etwa 3 Knoten Fahrt am Wind. Das machte keinen Sinn. Deshalb holte ich dann letztendlich die Segel herunter, um die letzten 10 sm mit Motor zu machen.

In der Bucht bei Kuggören war die Welle endlich weg. Aber die SXK-Boje war leider bereits belegt. Nach der Karte von Navionics sollte es noch eine Besucher-Boje geben. Aber die gab es nicht. Also blieb zuletzt nur noch die Option den Anker zu werfen. Auf 7 Meter Tiefe brachte ich 20 Meter Kette plus 7 Meter Bleiankerleine aus. Aber der Anker hielt nicht. Ich wollte noch einen Versuch weiter innen machen, da winkte mir eine Schwedin von einem Bootshaus. Ich fuhr zu ihr hin und sie bot mir an, am Bootshaus längs festzumachen. Das Angebot nahm ich gerne an. Sie bot mir auch noch Frischwasser an, erklärte mir wo ihre Toilette ist und meinte ich solle am Haus klopfen wenn ich etwas brauche. Könnte Schweden schöner sein?

Festgemacht am Bootshaus
Hier hat jede/r sein eigenes Toilettenhäuschen
Da liegt Miss Sophie am Bootshaus. Rechts wäre die SXK Boje die belegt ist
Frühgeschichtliches Labyrinth
Keine Ahnung was das für ein Fisch ist – war aber lecker und hat 2 Tage gereicht

Von der freundlichen Bewohnerin erfahre ich, dass hier noch acht Menschen leben. Die restlichen Häuser sind alles Ferienhäuser. Ich machte noch einen Spaziergang in das Dorf. Dort sollte es frischen und geräucherten Fisch zu kaufen geben. Und auch wenn es schon spät ist (gegen 21 Uhr), bekomme ich noch einen geräucherten Fisch der gleich zu meinem Abendessen wird.

Stocka

Dienstag, 8. Juli 2025

Heute habe ich ein paar geschäftliche Termine am Nachmittag weshalb ich gleich am Morgen los mache. Ich durfte ja nur eine Nacht am Bootshaus bleiben. Sonst wäre ich vielleicht noch geblieben, um noch etwas die Gegend anzuschauen. Die SXK Boje war natürlich immer noch belegt.

Aber da auch wieder einmal eine Dusche gut wäre, habe ich mir einen Hafen ausgesucht. Nur 13 Seemeilen – das sollte flott zu schaffen sein, dachte ich. Doch raus aus der Bucht, wie soll es anders sein, kam der Wind mal wieder direkt auf die Nase und damit anders, als es Orca berechnet hatte. Ich wollte nichts unversucht lassen und zog einmal die Segel hoch. doch bei 6 bis 7 Knoten Wind und der Welle machte ich gerade mal 2,5 Knoten Fahrt. Das würde nicht reichen, um rechtzeitig für die Arbeit online zu sein. Deshalb wurden die Segel geborgen und unter Maschine die kurze Strecke zurückgelegt.

3h 20 min für 13 Seemeilen sind noch o.k. Aber normal, ohne diese Welle, macht Miss Sophie 5 Knoten. Nebenbei: Auch die großen sind bei diesen Bedingungen ohne Segel unterwegs. Es ist oft eher so, dass ich unter Segel bin, während mir ein Segler in Maschinenfahrt begegnet.

Anlegen war mal wieder mit Heckboje. Für mich (einhand) immer noch eine aufregende Aufgabe. Beim ersten Versuch hat es mir den Bug verrissen, als der Festmacher von der Boje dicht kam und ich den Vorwärtsgang im Standgas drin hatte. Beim zweiten Versuch stand ein Helfer am Steg und ich gab die Heckleine kontrolliert nach und Vorwärtsschub nur soweit als notwendig. So geht es wesentlich besser.

Überrascht war ich von der Hafengebühr – 130 SEK (weniger als 12 Euro) das ist bisher mit Abstand der günstigste Hafen. Und die Sanitäranlagen sind sehr ordentlich. Statt Papierhandtücher gibt es kleine Frottee-Handtücher auf den Toiletten, die jeden Tag frisch aufgefüllt werden. Vielleicht liegt es auch daran, dass angrenzend bzw. dazugehörend ein Stellplatz für Wohnmobile ist.

Mein Winterplatz in Gävle ist jetzt so gut wie in trockenen Tüchern. Darüber bin ich ganz froh. Im anderen Fall (Nävekvarn) müsste ich jetzt schauen das ich zurück komme. Denn von hier sind es etwa 300 sm bis Nävekvarn. Also 10 bis 15 Segeltage. Und so kann ich mir die Aland Inseln bequem für nächstes Jahr aufheben.

Ich denke diese Überlegungen stellen viele deutsche Segler an, die für den Winter meist zurück in die Heimat möchten. Denn seit einigen Tagen sehe so gut wie keine deutschen Segler mehr. Überhaupt wenig ausländische Segler. Wenn, dann sind es oft Finnen. Ist ja naheliegend.

Den lauen Abend habe ich dann noch genützt, nach dem Deckslüfter zu schauen. Wenn eine Welle über das Boot kommt oder es stark regnet, tropft es auf den Tisch. Aufgeschraubt und erst einmal sauber gemacht. Die mehr als 30 Jahre alten Dichtungen sind vollkommen hinüber. Mit Gafa-Tape (ich liebe es) versuche ich das so zu präparieren, dass in Zukunft kein Wasser hinein schwappt. Sollte das nicht funktionieren, wird das Ding komplett zu geklebt. Funktioniert sowieso nicht mehr. Eine andere Baustelle habe ich noch an einem Decksdurchlass für das Toplicht. Auch der ist nicht dicht.

Mit wenig Wind geht es weiter

Mittwoch, 9. Juli 2025

Das ist mir jetzt schon lange nicht mehr passiert – ich habe verschlafen. Ich glaube ich hatte vergessen den Wecker zu stellen. Es ist aber auch so schwer, hier ein Gefühl für die Uhrzeit zu bekommen. Um 6 Uhr morgens strahlt hier schon die Sonne ins Boot. Ich drehe mich noch einmal um und gegen 9 Uhr wache ich erschrocken auf. Das gibt wenig Arbeitsstunden heute. Gegen 13.30 Uhr gehe ich noch zum Lunch. Lunch ist eine günstige Gelegenheit zu essen. Wie die Mittagskarte in Deutschland. Wobei es hier meistens Lunch zwischen 11 und 15 Uhr gibt. Manchmal sogar bis 16 Uhr.

Tschüss Stocka

Der Wind soll heute schwach sein und ich möchte auch keinen langen Schlag machen. Nachdem ich Haparanda gestrichen habe, nehme ich einfach mit was kommt. Inzwischen habe ich eine Online-Karte des SXK mit allen Bojen und auch Naturhäfen gefunden. Teilweise sogar verlinkt zu weiteren Informationen. Dort fand ich den Naturhafen Lill-Lubban. Dieser wurde vom SXK angelegt, steht aber allen offen. Es gibt einen Grillplatz, eine Trockentoilette und eine Sauna (mit Holz betrieben). Da die Batterien wieder voll geladen waren, ein ideales Ziel.

So glatt wie heute hatte ich die Ostsee bisher nicht gesehen. Es ist fast wie auf dem Bodensee. So läuft es trotz schwachem Wind (etwa 8 Knoten) ganz gut mit 3 bis 4 Knoten Fahrt auf raumen und manchmal auf halben Wind.

Doch zunehmend kommt der Wind mehr von Süden und damit mal wieder direkt von hinten. Außerdem lässt er stark nach. Ich möchte nicht zu spät ankommen und werfe den Motor an. Nach einiger Zeit nimmt der Wind wieder etwas zu. Auch wenn er jetzt direkt von hinten kommt, denke ich hier ganz gut einen Schmetterling segeln zu können. Einen Spinnaker habe ich nicht dabei. Zur Sicherheit setze ich diesmal einen Bullenstander. Das ist eine Sicherung des Großbaums, um eine Patenthalse zu vermeiden. Das geht eine ganze Zeit ganz gut. Doch dann nimmt der Wind wieder ab und der Motor muss doch wieder einspringen.

Die Einfahrt in die Bucht – kaum zu erkennen

Die Einfahrt geht etwas im Zick-Zack. Aber dank Orca und Navionics auf dem Plotter gut zu bewältigen. Am Steg, der etwa Platz für 10 Boote bietet, ist noch eine Heckboje frei. Hier ist es windstill und ich kann die Boje gemütlich ansteuern. Aber auch hier wieder kommt eine helfende Hand und fängt meinen Bug auf. An der Grillstelle brennt schon ein Feuer und ich kann mein Grillfleisch direkt auflegen. Dazu noch schnell einen Tomatensalat mit Feta-Käse gemacht. Der Tag könnte kaum schöner sein.

Abendessen mit Aussicht

Zum Tynderökanalen mit Zwischenstopp

Donnerstag, 10. Juli 2025

Ich möchte Härnösand erreichen. Das sind zwar „nur“ 35 bis 40 sm auf relativ direktem Weg aber wir haben wie so oft? Richtig: Nordwind. Bzw. jetzt eigentlich kaum Wind. Die Ostsee ist fast spiegelglatt. So habe ich sie in den vergangenen Wochen nicht gesehen. Also plane ich viel Zeit unter Motor ein und einen Zwischenstopp. Ich schaue im Hamnguiden und auch auf der Karte des SXK. Wobei ich jetzt gerne wieder einen Hafen mit Strom anlaufen würde. Im Hamnguiden finde ich den Tynderökanalen etwa auf halbem Weg. Etwa auf 1/3 des Weges liegt Lörudden. Dort empfiehlt der Hamnguiden das Restaurant Sillmans welches im White Guide (einem schwedischen Restaurantführer) aufgeführt ist. Ich schaue auf der Internetseite, ob sie auch Lunch anbieten (Mittagsmenü in Deutschland). Eine reduzierte Auswahl zu einem günstigeren Preis. Und ja, das bieten sie an von 11 bis 16 Uhr. Na, das sollte doch passen.

Nachdem ich um 13 Uhr meine Arbeit vorerst beendet habe, geht es wieder vorsichtig hinaus im Zick-Zack um die Steine herum aus dem Naturhafen. Wie angekündigt hat es kaum Wind und der wenige Wind kommt aus Nord. Also geht es unter Maschine weiter Richtung Norden. Auch die Einfahrt in den kleinen Hafen von Lörudden ist steinig und es muss genau navigiert werden. In Stocka habe ich einen Schweizer beim Aufrumsen auf einen Stein beobachtet – sein Schiff hat einen schönen Sprung gemacht. Ich wäre damit in den nächsten Hafen gefahren…. (Habe ihn am nächsten Tag vor Anker wieder gesehen – mutig).

Direkt vor dem Restaurant kann ich einparken. Eng, aber es passt. Ich entscheide mich für das 2-Gänge Fischmenü. Lachstartar auf Smörebröd und einen anderen Meeresfisch auf jungen Kartoffeln mit einer Hummersauce. Etwa 25 Euro. Das ist teurer als das, was sonst als Mittagsmenü angeboten wird aber angesichts der Qualität, des Namens und der Lage ein Schnäppchen. Es wird mir sogar angeboten, mit meinem Boot hier über die Nacht liegen zu bleiben. Er würde mit dem Fischer reden. Aber dann wäre der Weg nach Härnösand wieder weit und auch für die nächsten Tage ist Nordwind angesagt.

Lörudden – direkt vor dem Restaurant liegt Miss Sophie
Ein malerisches Dörfchen dieses Lörudden

Also Leinen los und weiter. Zuerst wieder unter Motor aber dann sehe ich, dass ein Am-Wind Kurs gut möglich sein sollte und die Segel werden gesetzt. Ich segle auf Backbord-Bug und zwei entgegenkommende Yachten müssen mir etwas ausweichen. Sie sind schon wieder auf dem Weg Richtung Süden. Eine deutsche und eine niederländische Yacht. Beide mit einem schönen Gennaker auf raumschot Kurs. Ich beneide sie.

Aber auch bei mir läuft es ganz gut. Knapp 8 Knoten Wind bringen 4 bis 5 Knoten Fahrt am Wind. Doch leider verlässt mich dieser auf halber Strecke. Die Ostsee wird noch glatter. Also wieder Maschine an – ich möchte ja noch ankommen. Nach etwa einer Stunde erreiche ich den Tynderökanalen. Es wird eng. Richtig eng. Kurz vor der Einfahrt in die enge Stelle signalisiert mir eine Gruppe junger Männer vom Ufer, dass ich hier nicht weiterfahren soll. Ich stoppe und fahre etwas heran. Ich sage ihnen meinen Tiefgang von 1,40 Meter und sie signalisieren mir, zwischen den Flaggen zu fahren die etwa 5 Meter auseinander sind.

Im Standgas fahre ich hinein und beobachte das Lot. Im Notfall haue ich den Rückwärtsgang rein und überlege mir Plan B (dazu weiter unten). Aber es sieht gut aus. Im engen Kanal habe ich etwa 2,2 Meter. Reicht. Dann mache ich längsseits fest – 1,50 Meter. Reicht doch. Klar, bei felsigem Untergrund und vielleicht zu erwartenden Wellen würde ich so etwas nicht machen. Aber hier ist das kein Risiko da es ein weicher Untergrund ist.

Im Kanal. Hier ist es noch nicht eng

Anmerkung zum Plan B

Ich habe gelernt, nach Möglichkeit immer ein oder besser zwei Alternativen zu haben. Der Plan geht nicht immer auf (z.B. Kuggören wo Ankern der Plan B gewesen wäre). Ich hatte mir für heute in der Nähe mögliche Ankerbuchten oder SXK Bojen ausgesucht. Kurz vor dem Kanal hat es eine Ankerboje des SXK. Die war natürlich belegt. Doch laut Navionics sollte es noch eine zweite „Visitors“ Boje geben. Ich habe sie nicht gesehen. Das war wie in Kuggören.

Lessons learned

Verlasse dich weder auf elektronische Seekarten wie Navionics noch auf Revierführer. Sie stimmen vielleicht zu 98%. Aber nicht zu 100%.

Zum Hamnguiden: Er gibt hier 1,80 Meter am Liegeplatz an. Ein Träumchen. Ich habe gerade noch 10 cm Wasser unter dem Kiel (mein Tiefgang 1,40 Meter). Ich bin das einzige Segelboot am Platz. Laut dem Hamnguiden soll es hier Strom geben – gibt es nicht.

Kommt man von Osten ist der Tynderökanalen ist es hier für Segelboote fertig

Neuer Tag, neue Probleme…

Freitag, 11. Juli 2025

Ich freue mich auf das Wochenende. Die Wetteraussichten sind gut. Dass es wie immer Nordwind gibt und geben soll, stört mich nicht mehr. Dann schaue ich eben, was ich hoch am Wind erreiche oder nicht. Ich habe kein festes Ziel mehr. Ich möchte einfach nur noch mitnehmen was geht. Im Naturhafen Lill-Lubban hatte ich mich mit einer deutschen Seglerin unterhalten die von der Höga Kusten schwärmte.

Da ich auch dringend mal wieder einkaufen sollte (Joghurt leer, Brot leer, Getränke werden knapp, Bier leer,….) sehe ich Härnösand als erreichbares Ziel. Laut der Routenberechnung von Orca gut 20 sm. Nach getaner Arbeit, allen Vorbereitungen zum Ablegen, möchte ich den Motor starten. „Klack“. Nichts. Noch einmal versucht. Jetzt nicht einmal mehr ein „Klack“. In der Rumpelkammer freigeräumt, um die Batteriespannung messen zu können. 12,5 Volt. Das sollte eigentlich ausreichend sein. Blick in den Motorraum und ein erster Schock. Eine der beiden Befestigungsschrauben der Lima ist abgerissen – die am Motorblock. Das Reststück bekomme ich heraus gedreht. Anruf bei meinem Remote-Support in Deutschland in Sachen Motor.

Erste Klärung: Kann der Motor auch ohne Lima laufen? Ja, kann er. Beantwortung der Frage nach den Geräuschen. Seine Vermutung: Der Anlasser. Ich soll dem Anlasser mal ein paar leichte Hammerschläge geben (nachdem ich die Lima ausgebaut habe). Also zuerst mal Batterie abklemmen, Lima ausbauen, alle Kabel isolieren und beschriften. Dann ein paar leichte Hammerschläge – neuer Versuch. Der Motor springt an.

Rücksprache mit meinem Remote-Support. Fazit: Anlasser ist wohl hinüber und ich brauche einen neuen. Und zwar bald. Dazu kommt noch die abgerissene Schraube an der Lima für die ich Ersatz brauche. Ich könnte heulen. Samstag / Sonntag stehen an. Das sind die Tage, an denen ich während meines Workation den ganzen Tag segeln könnte. Samstag und Sonntag werde ich auch in Härnösand nichts erreichen.

Raus aus dem Kanal und froh, wieder etwas Wasser unter dem Kiel zu haben

Aber jetzt muss ich hier erst einmal weg. Denn hier, im Tynderökanalen, bin ich in der Pampa. Weit weg von einer größeren Stadt. Ich muss es nach Härnösand schaffen. Richtung Süden ist auch keine größere Stadt in Sicht. Wie gesagt – mal wieder Nordwind. Der optimistischen Routenberechnung von Orca kann ich nicht gerecht werden. Aber was soll’s. Also segle ich hoch am Wind weit hinaus auf die offene Ostsee. Mit etwas Welle ist es ein nasses Segeln aber dank Sprayhood bleibe ich im Trockenen. Und die Geschwindigkeit passt. Zuerst bei 10 Knoten mit gut 5 Knoten hoch am Wind. Später mit etwas zunehmenden Wind erreiche ich 6 Knoten. Ich habe eben die Wende Richtung Härnösand gemacht, als ein Frachter auf dem Plotter erscheint. Ziemlich genau auf meinem Kurs. Ich schaue mir das noch eine Weile an und hoffe zu sehen, dass er eindeutig vor mir durchgeht. Er ist mit etwa 15 Knoten unterwegs. Doch auch nach längerer Beobachtung ist mir das zu vage. Also mache ich gezwungenermaßen noch eine Wende. Ich hätte zwar Vorfahrt da ich unter Segel bin und wir sind auf offener See, kein Verkehrstrennungsgebiet. Doch ich möchte es nicht darauf ankommen lassen. Schließlich empfange ich nur AIS, sende aber kein AIS. Wer weiß, ob ich auf der Brücke gesehen werde.

Der optimistischen Routenberechnung von Orca kann ich nicht ganz folgen
Segeln hoch am Wind
Die Aktion am Morgen hat etwas Chaos hinterlassen. Alles zu seiner Zeit…

Nach der Wende kann ich den Kurs wieder auf Härnösand anlegen. Der Wind hat inzwischen auf 15 Knoten zugelegt und die Welle auf etwa 0,5 Meter.

Härnösand liegt zur Hälfte auf dem Festland und zur Hälfte auf einer Insel. Es gibt drei oder vier Häfen für Sportboote. Eigentlich wollte ich, in Hinblick auf meinen Weiterweg, den nördlichen Hafen Norra Sundet anlaufen. Doch 2025/2026 wird die Klapp-Brücke am Norra Sundet neu gebaut. Daher wurde der Sportboothafen provisorisch verlegt, hat nur noch wenige Liegeplätze und keinen Strom. Also bleibt nur der südliche Hafen Södra Sundet. Und wegen der Bauarbeiten komme ich auch nicht durch die Stadt Richtung Norden sondern muss auf meinem Weiterweg zuerst wieder zurück, um um die Insel zu kommen. Aber das ist jetzt erst einmal nicht mein Problem.

Vor der Einfahrt in den Sund hatten Wind und Welle zugenommen. Der Wind bläst aus NNO. Deshalb versuche ich so hoch wie möglich zu segeln damit ich möglichst in die östliche Landabdeckung komme. Meine Hoffnung und Erwartung ist, dass Wind und Welle aufgrund der Landabdeckung abnehmen. Der Plan geht relativ gut auf. Ich überlege zuerst noch mit Fock und Großsegel in den Sund hinein zu segeln. Doch der Wind ist auch hier noch so stark, dass ich entschließe die Fock zu bergen und nur mit dem Großsegel zu segeln. Das geht mit der Dehler 28s relativ gut. Außerdem kann ich im Notfall das Großsegel recht schnell bergen. Boot in den Wind und runter.

Einfahrt in den Sund – ilustre Häuser

So schippere ich mit etwa 3,5 Knoten in den Sund. Anfangs steuert noch Johann – mein Pinnenpilot. Aber zunehmend dreht der Wind immer wieder und damit übernehme ich das Ruder. So schaffe ich zumindest einen Teil des Sund unter Segel. Doch schließlich muss ich meine Ambitionen aufgeben. Der Windeinfallswinkel wird zu steil und es wird zunehmend enger, um hier noch zu kreuzen. So wird das letzte Stück unter Motor bewältigt.

Härnösand in Sicht
Festgemacht in Härnösand. Der Gästesteg ist ziemlich leer

Achja, den Motor hatte ich sicherheitshalber schon draußen gestartet, nachdem ich die Fock geborgen hatte. das war mir dann doch zu heiß, es im Sund darauf ankommen zu lassen. So lief er eine Zeit im Leerlauf mit.

Angekommen in Härnösand

An den Gästestegen liegt nur eine einzige Segelyacht – aus Finnland. Alle anderen Plätze sind frei. Also suche ich mir aufgrund der Windrichtung den für mich günstigen Platz aus. Hier hat es wieder die Y-Ausleger. Darüber bin ich ganz froh, denn ich habe für den heutigen Tag genug Stress gehabt. Nach 6 Stunden und 23 Seemeilen bin ich fest am Steg und auch etwas k.o. Aber es war ein toller Segeltag. Alles hoch am Wind, etwas nass aber mit schönem Speed. Ich bin zufrieden. Drei Begegnungen: 2 Yachten auf dem Weg Richtung Süden und der Frachter.

Morgen werde ich erst einmal einkaufen und dann mir einen Plan machen bezüglich des Anlassers und der abgerissenen Schraube an der Lima. Handelsgeschäfte haben in Schweden Samstag und Sonntag geöffnet. Aber Werften und ähnliches sind Samstag / Sonntag wie bei uns geschlossen. D.h. da werde ich am Wochenende nichts erreichen, außer das ich Adressen und Telefonnummern recherchieren kann.

Einerseits ärgert mich das sehr, da eben das Wochenende der Zeitraum wäre, an dem ich ohne Rücksicht auf Arbeit und Meetings segeln könnte. Andererseits: Ich bin jetzt so weit gekommen. Ich habe jetzt etwas die Hälfte des Bottnischen Meerbusens besegelt – etwa 750 Seemeilen. Das sind fast 1.400 Kilometer. Ich bin schon dabei, langsam einen Blick zurück zu werfen. Wenn ich an all die Erlebnisse denke, welche Schwierigkeiten ich gemeistert habe und das als Anfänger auf der Ostsee, da blicke ich jetzt entspannt nach vorne.

In plus/minus 10 Tagen habe ich meinen Umkehrpunkt erreicht. Dann muss ich Kurs Richtung Süden nehmen, damit ich mein Winterlager in Gävle erreiche (das jetzt sicher und alles geklärt ist). Und sollte mein Umkehrpunkt mein heutiger Liegeplatz sein, ist das auch o.k.

Es geht auf jeden Fall weiter. Das Boot schwimmt noch und noch mehr, es segelt hervorragend. Das neue Problem mit dem Motor werde ich sicher auch gelöst bekommen. Wäre doch gelacht…

Fortsetzung folgt….

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